DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-01-2017 09:00
SXEU31 DWAV 200800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.01.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM (Brücke Mitteleuropa)

Fortdauer des ruhigen, teils bedeckten oder trüben, teils sonnigen
Hochdruckwetters. Im Süden und in der Mitte Dauerfrost und nachts strenger bis
sehr strenger Frost.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... bestimmt hoher Luftdruck das Wettergeschehen in weiten Teilen
Mitteleuropas und somit auch in Deutschland. Die verantwortliche
Bodenhochdruckzone reicht heute früh etwa von Irland bis hinüber zum Schwarzen
Meer, gestützt von einer abgeschlossenen Höhenantizyklone mit Zentrum über der
Nordsee. Die Divergenzachse des Hochs verläuft anfangs noch weitgehend zonal
ausgerichtet über den Norden und Osten des Landes hinweg, beginnt nun aber ganz
allmählich im Uhrzeigersinn zu kippen, um schließlich eine mehr
nordwest-südost-orientierte Stellung einzunehmen.
Wie auch immer, Fakt ist, dass nördlich der Divergenzachse feuchte und etwas
mildere Meeresluft in die nördlichen und östlichen Landesteile advehiert wird,
in der des meist bedeckt bleibt. Die feuchte Grundschicht ist nicht besonders
mächtig, ihre Obergrenze liegt im Schnitt etwa bei 900 hPa. Trotzdem reicht die
Sättigung offensichtlich aus, hier und da immer mal wieder etwas Feuchtigkeit
aus der Grundschicht "herauszupressen", sprich, etwas Nieselregen oder
Nebelnässen zu generieren. Ganz im Norden ist das angesichts meist positiver
Belags- und Lufttemperaturen kein großes Problem. Etwas kritischer gestaltet
sich die Angelegenheit allerdings im Übergangsbereich zur weiter südlich
positionierten Frostluft (vornehmlich Teile Niedersachsens, Sachsen-Anhalts und
Brandenburgs), wo der Nieselregen gefriert und zu Glätte führen kann. Im Falle
gemessener Niederschlagsraten von 0,0 mm sollte uns das noch nicht zu sehr
erschrecken, will heißen, auch wenn es vielleicht nicht ganz der Political
Correctness entspricht respektive ganz VuB-konform ist sollte man in diesem Fall
mit einer einfachen (gelben) Glättewarnung auskommen. Gehen die Regenraten etwas
nach oben, greift das Instrument der markanten (ocker) Glatteiswarnung, und erst
bei wiederholt und auch auf einem größeren Raum auftretenden höheren Regenraten
(damit sind durchaus schon Quanten von 0,1 bis 0,5 mm/h gemeint) müsste man die
"rote Karte" ziehen - ein Prozess, auf den man heute sehr wahrscheinlich
verzichten kann.
Südlich der Divergenzachse scheint in der gealterten Polarluft häufig die Sonne.
Lediglich ganz weit im Süden, etwa vom südlichen Oberrheingraben bis hinüber ins
Alpenvorland hält sich gebietsweise zäher Nebel bzw. Hochnebel. Im Süden,
bedingt auch in der Mitte hält sich tagsüber leichter, stellenweise auch mäßiger
Dauerfrost, während die Temperatur sonst auf -1 bis +5°C steigt.

In der Nacht zum Samstag setzt sich das Kippen der Divergenzachse fort, Gleiches
gilt für die überlagerte Längsachse des Potenzialrückens. Leichter Druckfall am
Boden lässt den Schwerpunkt des Hochs scheinbar etwas südostwärts wandern,
wodurch im Süden und in der Mitte die Südostkomponente in der Grundströmung
etwas erhöht wird. Entsprechend können sich die renitenten Nebel- und
Hochnebelfelder im Süden etwas nach Norden bzw. Nordwesten ausweiten, während
sich an der geschlossenen Bewölkung im Norden und Osten wenig tut. Auch wenn die
Wahrscheinlichkeit nicht überbordend hoch ist, besteht hier und da immer noch
die Gefahr von gefrierendem Nieselregen. Während es von der Nordsee bis hinüber
zum Oderbruch, vielleicht auch noch ein kleines Stück südwärts, frostfrei
bleibt, geht die Temperatur sonst in den leichten bis mäßigen, im Süden sowie in
der Mitte teils auch wieder in den strengen bis sehr strengen Frostbereich
zurück. MOS-Mix scheint dabei im Durchschnitt etwas zu warm aufgestellt zu sein
(siehe Vergleich Numerik zu Beobachtung heute früh).

Samstag... verlagert sich das Zentrum des Höhenhochs über Jütland hinweg zur
westlichen Ostsee. Die Längsachse des gesamten Rückens reicht zum Tagesende etwa
von der nördlichen Nordsee bis zur nördlichen Balkanhalbinsel, wo zur
Mittagszeit auch der Schwerpunkt des Bodenhochs (etwas über 1035 hPa) zu finden
sein wird. An der ruhigen, sehr hochdrucklastigen Ausrichtung unseres Wetters
ändert das relativ wenig. Tendenziell verlagert sich die Südkante der
geschlossenen Bewölkung über dem Norden und Osten etwas nordwärts. Nach wie vor
deutet die Numerik - wenn auch nur schwach - die Möglichkeit leichten
Nieselregens aus dieser Bewölkung an, wenn auch nur mit homöopathischen Mengen.
Ob es dabei für Glätte reicht oder das Ganze in positiv temperiertes Areal fällt
oder ob überhaupt etwas fällt, kann nur kurzfristig entschieden werden.
Südlich davon scheint jedenfalls einmal mehr die Sonne, überwiegend jedenfalls.
Als kleiner Makel entpuppen sich wie heute auch schon die Hochnebelfelder im
äußersten Süden, die morgen auch etwas an Boden noch Norden bzw. Nordwesten
gewinnen. Besonders im Süden, teils aber auch in der Mitte bleibt die kalte
Grundschicht mit leichtem bis mäßigem Dauerfrost (bei 850-hPa-Temperaturen um
oder etwas über 0°C) erhalten, sonst stehen vielerorts leichte Plusgrade auf der
Karte.
Ob der Drucküberschuss ausreicht, den Böhmischen Wind im östlichen
Mittelgebirgsraum nennenswert anzustoßen, ist derzeit noch fraglich. Die Numerik
jedenfalls hält sich diesbezüglich ziemlich zurück.

In der Nacht zum Sonntag wird auf der Westflanke des mittlerweile über dem
östlichen Mitteleuropa angekommenen Höhenhochs ein kleiner unscheinbarer
Sekundärtrog aus den Alpen heraus über den Süden und Südwesten des
Vorhersageraums gen Mitte gesteuert. Sein Einfluss auf unser Wettergeschehen ist
aber marginal. Wenn überhaupt, reicht es vielleicht, die Hochnebelfelder im
Süden etwas anzuheben und dadurch geringfügigen Nieselregen zu erzeugen, der auf
den frostigen Böden gefriert. Bisher deuten aber nur ICON bzw. ICON-Nest
ansatzweise ein solches Szenario an.
Mit der bodennahen Advektion kalter Luft von Südosten her nimmt die Frostgefahr
nun auch im Norden und Nordosten wieder zu, auch wenn es nicht aufklart. Im
Süden, bedingt auch in der Mitte muss weiterhin mit strengem Frost gerechnet
werden.

Sonntag... verlagert sich der Schwerpunkt der Bodenhochdruckzone immer dichter
an das Schwarze Meer heran, was das gesamte Hoch aber nicht davon abhält, uns
weiterhin die Treue zu halten. Im Grunde bleibt es bei einer brückenartigen
Konstellation, die das kontinentale Hoch mit dem leicht nach Süden verschobenen
Azorenhoch verbindet. Der o.e. Sekundärtrog überquert die Mitte nordwärts, wird
dann im weiteren Tagesverlauf aber in nordöstliche Richtung gesteuert.
Substanzielle Hebungsprozesse werden dabei nicht ausgelöst, allerdings könnte es
reichen, die Inversion etwas "aufzudröseln" und die geschlossene Bewölkung über
weiten Teilen Nord- und Ostdeutschlands zu perforieren bzw. teilweise
aufzulockern, so dass dort die Sonne die eine oder andere Chance bekommt (was
u.a. von der MOS-Statistik auch so gezeigt wird). Ganz verschwinden wird die
vielfach hochnebelartige Bewölkung aber nicht. Das gilt übrigens auch für Teile
Süddeutschlands, wo sich insbesondere in den Donauniederungen, aber auch in der
Peripherie gebietsweise zäher Nebel oder Hochnebel hält. Im und am Erzgebirge
kommt der Böhmische Wind etwas in Fahrt mit Spitzen der Stärke 6-7 Bft aus
Südosten, lokale Verwehungen inclusive.
Mit Ausnahme höher gelegener Orte steht im Süden und in der Mitte leichter bis
mäßiger Dauerfrost auf dem Zettel, während sonst die sonntäglichen Höchstwerte
etwa zwischen -1 und +3°C liegen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung wird von den externen Modellen sehr ähnlich
simuliert. Die im Text bereits angerissenen Unschärfen oder noch offenen Fragen
(z.B. hinsichtlich des Niederschlags aus der hochnebelartigen Bewölkung, Glätte
ja/nein) lassen sich nur in situ beantworten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann