Thema des Tages

13-01-2017 14:40

Es muss nicht immer ein Zyklon sein...

Während unser Wetter vom Ringen unterschiedlich temperierter
Luftmassen an der "Frontalzone" um die Vorherrschaft in Europa lebt
("feucht-warme" Subtropikluft versus "trocken-kalte" Subpolarluft),
das sich insbesondere im Winterhalbjahr in starken Tiefdruckgebieten
mit markanten Wetterfronten - wie aktuell Sturmtief EGON - ausprägt,
zeigen sich in den Tropen generell geringe Temperatur- und damit
Luftdruckgegensätze, wenn man von den regional allerdings häufigen,
tropischen Wirbelstürmen einmal absieht.

Daher macht die Einteilung in thermisch bedingte Jahreszeiten, so wie
wir sie kennen, keinen Sinn. Dagegen können die Niederschläge sehr
wohl saisonal unterschiedlich sein, d.h. es gibt in den Tropen und
Subtropen mehr oder weniger deutlich ausgeprägte "Regen- und
Trockenzeiten" im Sommer- bzw. im Winterhalbjahr. Sind die
äquatornahen "inneren Tropen" in den meisten Gegenden der Welt quasi
"immer-feucht", so verkürzen sich auf der Nordhemisphäre die
Regenperioden nach Norden hin und die Trockenzeiten werden länger.

Ursache für das tropische Niederschlagsregime mit Regen- und
Trockenzeiten ist die Nord-Süd-Verlagerung der Innertropischen
Konvergenzzone (Innertropical Convergence Zone - ITCZ) im
Jahresverlauf. Die ITCZ bildet einen zonalen, wenige hundert
Kilometer breiten, mit Verzögerung von etwa einem Monat den
Sonnenhöchstständen folgenden, weltumspannenden Tiefdruckgürtel. In
seinem Einflussbereich treten, mit Schwerpunkt in der zweiten
Tageshälfte, teils gewittrige Starkregenfälle auf. Die mit der
ITCZ-Verlagerung verbundene großräumige Zirkulation nennt man
"Monsun". Im Norden Thailands herrscht wintertrockenes, im Süden
meist wechsel-feuchtes Monsunklima.

Schaut man sich die auf langjährigen Messungen basierenden Klimadaten
an, sollte auch im Süden Thailands derzeit die "niederschlagsarme"
Saison im Gange sein. Ganz trocken ist es dort ja nie, was aber etwa
seit Mitte vergangener Woche in der Region vom Himmel fiel, ist
unvorstellbar. Verbreitet gab es Überschwemmungen, von denen nach
Angaben der einheimischen Katastrophenschützer ca. 300 000 Haushalte
mit 1 Million Menschen betroffen sind. Bisher sind 25 Todesopfer zu
beklagen. Man spricht von den schlimmsten Regenfällen seit 30 Jahren.
Beispielsweise fielen innerhalb von vierundzwanzig Stunden bis zum
vergangenen Freitag, 06.01.2017, 00:00 Uhr UTC (07:00 Uhr MOZ) an der
agrarmeteorologischen Station Nakhon Si Thammarat (08°27'N, 100°03'E,
2 m Höhe) unvorstellbare 616 mm Regen, an einer benachbarten Station
in derselben Stadt 400 mm und in Phattalung (07°37'N, 100°10'E, 2 m
Höhe) 228 mm. 616 mm sind etwa das Vierfache der im gesamten Januar
üblichen Niederschlagsmenge! Auch an den Folgetagen gab es nochmals
mehrere zehn Liter Regen pro Quadratmeter.

Derartige Niederschlagsmengen werden gewöhnlich nur von tropischen
Wirbelstürmen hervorgebracht, die in dieser Gegend "Zyklone" heißen
und gerne auf gealterte tropische Tiefdruckgebiete, die sich aus der
ITCZ heraus gelöst haben, als Entstehungsursache zurückgreifen. Aber
zur Entwicklung eines Zyklons reichte es in diesem Falle nicht. Das
Tiefdrucksystem wurde vom Joint Typhoon Warning Center der US Navy
zunächst als "Tropische Störung 90B" und damit als schwächste Form
tropischer Tiefdrucksysteme klassifiziert. Obwohl es auf 7°
nördlicher Breite dank ausreichend warmem Oberflächenwasser (bis zu
30 °C), leichter bis moderater Windscherung und guten
Zirkulationsbedingungen durchaus Entwicklungsperspektiven hatte,
wuchs es nicht zu einem Zyklon heran, sondern löste sich stattdessen
am nächsten Tage auf.

Die unten angefügte Karte zeigt den südlichen Teil Hinterindiens und
Teile des Malaiischen Archipels. Eingetragen sind die bis zum
06.01.2016, 00:00 Uhr UTC registrierten vierundzwanzigstündigen
Niederschlagsmengen in ganzen Litern pro Quadratmeter (Maßeinheiten:
[L/m²] = [mm]). Außerdem finden Sie in der Karte die vom
freitäglichen 00:00-UTC-Lauf des amerikanischen Vorhersagemodells GFS
analysierte geopotentiellen Höhe der 500-hPa-Hauptdruckfläche, welche
die mittlere Troposphäre repräsentiert. Gemessen wird diese Größe in
geopotentiellen Dekametern, einer Maßeinheit für die spezifische
potentielle Energie der Luftmasse (Einheitenzeichen [gpdam]).
Weiterhin sind die vom selben Modelllauf an den Gitterpunkten
kalkulierten Windvektoren, mit dem Betrag der Windgeschwindigkeit in
Knoten (engl. Einheitenzeichen [kt], lange Fieder = 10 kt, kurze
Fieder = 5 kt, 1 kt = 1,852 km/h) sowie der Windrichtung, auf der
bodennahen 1000-hPa-Hauptdruckfläche dargestellt. Das Zentrum des vom
Boden (siehe zyklonal orientierte Windpfeile) bis hoch in die
mittlere Troposphäre (siehe geschlossene Isohypse bei 584 gpdam)
reichenden tropischen Tiefdruckgebietes liegt nordwestlich von Banda
Aceh an der Nordwestspitze Sumatras.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.01.2017

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