DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-01-2017 21:00
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 05.01.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Winterlich; in den kommenden beiden Nächten verbreitet strenger Frost, auch
tagsüber oft mäßiger Dauerfrost. Anfangs an Alpen und Erzgebirge noch
Schneefall, ab der Nacht zum Samstag von Nordwesten erneut Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Westflanke eines umfangreichen
Langwellentroges, der sich von Nordrussland bis nach Süditalien erstreckt,
unterhalb einer kräftigen nordnordöstlichen Höhenströmung. Im Laufe der Nacht
kommt die Trogachse kaum mehr nach Osten voran, dabei wird bis Freitagfrüh über
der südlichen Adria bzw. dem Ionischen Meer ein Abtropfprozess eingeleitet.
Als Gegenpart fungiert ein Höhenrücken über Westeuropa, der sich nordwärts bis
zum Nordmeer aufwölbt und dessen Achse vor allem im Nordteil etwas nach Osten,
Richtung Norwegen, vorankommt, so dass die Höhenströmung über Nord- und
Westdeutschland etwas auffächert.
Im Bodenfeld verlagert sich das Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über Südnorwegen
allmählich südwärts nach Deutschland. Auch ganz im Nordosten des Landes fächert
der Gradient etwas weiter auf, so dass der Wind warntechnisch keine Rolle mehr
spielt (Böen Bft 5 bis 6, exponiert vielleicht noch Bft 7 aus Nord von Rügen bis
zum Greifswalder Bodden). Insgesamt klingt die Schaueraktivität mit zunehmendem
Hochdruckeinfluss auch im Süden und Osten mehr und mehr ab. Ausnahmen bilden
einerseits die Staulagen im Erzgebirge und vor allem an den Alpen, wo nachmals
um 5 cm (Erzgebirge) bzw. bis 10 cm (Alpen; in exponierten Staulagen durchaus
auch bis 15 cm) Neuschnee fallen können, andererseits aber auch die Regionen von
Rügen bis zur Uckermark. Vor allem diese Gebiete können noch von Schneeschauern
überquert werden, die sich über dem vergleichsweise warmen Ostseewasser
innerhalb einer niedertroposphärisch sehr labil geschichteten Luftmasse bilden
("Lake Effekt") und mit der nordnordöstlichen Strömung noch etwas landeinwärts
geführt werden. Dabei sind stellenweise durchaus mehr als 5 cm Neuschnee
möglich. Zumindest ICON-EU deutet ein derartiges Szenario an, während COSMO-DE
und auch GFS die Schauer etwas weiter östlich simuliert.
Angesichts dieser Strömungskonstellation erreicht die niedertroposphärische
Advektion teils noch maritimer, zunehmend aber kontinentaler Arktikluft von
Nordosten her ihren Höhepunkt, bis Freitag, 06 UTC sinkt die Temperatur in 850
hPa auf Werte zwischen -11 Grad über der Deutschen Bucht und -17 Grad über der
Lausitz. Somit sinkt die Temperatur verbreitet, selbst in den stärker bewölkten
Regionen im Süden und Osten des Landes, in den strengen Frostbereich. Dort, wo
es über Schnee aufklart, sind in ungünstigen Lagen (Mittelgebirgstäler,
Muldenlagen) auch Werte um -15 Grad möglich. An den Küsten, im äußersten
Nordwesten und in den Ballungszentren bzw. großen Flusstälern Westdeutschlands
gibt es dagegen häufig "nur" mäßigen Frost.
Glätte sollte angesichts der trockenen Luftmasse im Westen und Norden die
Ausnahme darstellen. Im Süden, Osten und im Bergland kann es dagegen häufiger
Glätte durch überfrierende Nässe oder gefrorenes Schmelzwasser geben.

Freitag ... vollzieht sich der Cut-Off-Prozess über der südlichen Adria, das
Höhentief verlagert sich bis zum Abend zum südlichen Balkan. Entsprechend kommt
die Achse des Höhenrückens ebenfalls etwas nach Südosten voran und verläuft zum
18 UTC-Termin über den Ärmelkanal und die Deutsche Bucht und Südschweden hinweg
bis nach Finnland.
Der Schwerpunkt des Bodenhochs findet sich abends über Süddeutschland wieder,
nördlich davon setzt vor allem über Nordwestdeutschland mittel- und
niedertroposphärisch WLA ein. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend im
Nordwesten bereits wieder auf -6 bis -7 Grad, während sie im Südosten Bayerns
und auch im Zittauer Gebirge weiterhin um -16 Grad schwankt.
Im Tagesverlauf klingen auch in den Staulagen von Erzgebirge und Alpen die
Schneefälle weiter ab und es kommen nur noch wenige Zentimeter Neuschnee
zusammen. Auch die Schneeschauer in Odernähe klingen allmählich ab. In der
Lausitz, am Erzgebirge und im Südosten Bayerns bleibt es noch meist stärker
bewölkt, ansonsten scheint aber vielerorts neben höchstens flachen Quellwolken
die Sonne. Erst am Nachmittag werden die Wolken im Nordwesten mit beginnender
WLA allmählich dichter.
Nahezu flächendeckend gibt es leichten Dauerfrost (lediglich an der
holländischen Grenze und auf Helgoland sind Höchstwerte um 0 Grad denkbar), im
Süden, Südosten und in den Mittelgebirgslagen auch mäßiger Frost. In höheren
Lagen der Alpen und der östlichen Mittelgebirge reicht es eventuell sogar für
strengen Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der nur noch flach ausgeprägte Höhenrücken
nach Norddeutschland. Dieser wird gestützt durch WLA, die vor allem
mitteltroposphärisch bereits auf weite Teile des Vorhersagegebietes - mit
Ausnahme des Südostens - übergreift. Bis Samstag, 06 UTC soll sich nach Lesart
des ICON-EU bereits bis nach Südostdeutschlandrecht dichte mittelhohe Bewölkung
ausgeweitet haben, GFS simuliert diese dagegen nur über den Norden und der Mitte
des Landes, was wohl realistischer erscheint.
Im Bodenfeld verbleibt das Hochdruckgebiet mit seinem Schwerpunkt über
Südbayern, schwächt sich aber ab. Im Norden setzt mit Annäherung des
Frontensystems eines zur Barentssee ziehenden Tiefs stärkerer Druckfall ein, die
Warmfront greift in der Früh auf den Nordwesten über. Dabei setzen in der
zweiten Nachthälfte leichte Niederschläge ein, die wohl meist als Schnee fallen,
angesichts der nach aktueller Version des ICON-EU rasch auf 0 Grad steigenden
Temperaturen in 850 hPa in Schleswig-Holstein bzw. im Nordseeumfeld auch als
Glatteisregen fallen könnten. GFS und ECMWF (von 00 UTC) lassen die Warmluft
langsamer vorankommen und die Schneephase dominieren, wobei mengenmäßig bis
Samstagfrüh vom GFS kaum mehr als 1 bis 2 mm, vom ICON-EU bis 3 mm simuliert
werden.
Der Wind frisch mit Annäherung des Frontensystem im Nordwesten im Laufe der
Nacht wieder aus Südwest auf. An den Küsten kann es später steife, über der
Nordsee auch stürmische Böen geben.
Während der Aufzug der dichteren Wolken im Norden und Nordwesten wohl zu einer
deutlichen Frostabschwächung führt, verschärft sich der Frost im Südosten bei
meist klarem Himmel und angesichts der sehr trockenen Luftmasse kaum vorhandener
Nebelbildung noch einmal etwas. Somit ist in einigen Alpen- und
Mittelgebirgstälern Süddeutschland, eventuell auch in besonders kalten
Muldenlagen strenger Frost um oder knapp unter -20 Grad möglich, ansonsten ist
im Süden und Osten sowie auch noch in den mittleren Landesteilen verbreitet mit
strengem Frost zwischen -10 und -20 Grad zu rechnen. Richtung Nordsee steigen
die Temperaturen mit Auffrischen des Westwindes dagegen sogar ein wenig an und
Überschreiten mit Einsetzen des Niederschlages zumindest an der Nordseeküste die
0 Gradmarke.

Samstag ... wird der umfangreiche westeuropäische Höhenrücken wieder regenerier,
wobei ein flacher Anteil über Deutschland hinweg südwärts schwenkt. In weiterer
Folge wird der Höhenrücken von flach ausgeprägten Kurzwellentrögen überlaufen,
wobei ein erster bis zum Abend auf den Nordosten des Landes übergreift. Dabei
verstärkt sich die WLA über dem Vorhersagegebiet noch etwas und entsprechend
auch die Hebungs- bzw. Aufgleitprozesse über der niedertroposphärisch und vor
allem bodennah noch sehr kalten Luftmasse.
Im Bodenfeld kommt das Frontensystem allmählich südostwärts voran, wobei sich im
Lee des Norwegischen Gebirges über dem Kattegat ein flaches Teiltief bildet,
wodurch der Okklusionsprozess ein wenig verzögert wird und der Warmsektor des
Tiefs noch weite Teile Westdeutschlands erfassen kann. Vor allem ICON-EU lässt
die Temperaturen in 850 hPa westlich des Rheins auf Werte um 0 Grad steigen, GFS
auf etwa -1 bis -2 Grad. Die Prognosetemps des ICON-EU weisen dort "warme Nasen"
auf, so dass durchaus auch das Thema Glatteisregen in Betracht gezogen werden
sollte. Dabei werden dort 12-stündige Mengen zwischen 0 und 2 mm simuliert, nach
GFS eher weniger, so dass wohl überwiegend markante Warnungen ausreichend sein
dürften.
Weiter östlich, also in den mittleren und östlichen/nordöstlichen Landesteilen,
sollte die Schneephase dominieren. ICON-EU und GFS simulieren dort 1 bis 5 mm,
im Nordosten punktuell auch mehr, so dass durchaus Neuschneemengen um 5 cm,
vielleicht auch knapp darüber, zusammenkommen könnten. Im Nordwesten und in
Schleswig-Holstein setzt sich bodennah zunehmend milde Nordseeluft durch, so
dass dort meist die flüssige Phase dominiert, auch, wenn die Temperaturen in 850
hPa mit Durchzug der Kaltfront im Nordseeumfeld bis zum Abend wieder auf etwa -4
Grad absinken.
Etwa südlich des Mains bleibt es wohl noch trocken, wobei GFS und ECMWF (von 00
UTC) die Niederschläge nicht ganz so weit nach Süden vorankommen lassen wie das
ICON-EU.
Der Druckgradient fächert insgesamt wieder etwas auf, so dass der Wind
allmählich wieder nachlässt. An den Küsten kann es anfangs noch steife Böen
geben, in exponierten Hochlagen einzelner Mittelgebirge sind stürmische Böen aus
Nordwest möglich.
Die Sonne zeigt sich vorwiegend im Süden, auch im äußersten Norden/Nordwesten
lockern die Wolken später wieder etwas auf. Im Nordwesten kann sich mildere
Nordseeluft durchsetzen, dort steigen die Temperaturen auf 0 bis 4, an der
Nordseeküste bis 7 Grad. Ansonsten gibt es weiterhin leichten, im Südosten
stellenweise auch mäßigen Dauerfrost. Wo genau die Frostgrenze verläuft, ist
noch unsicher. Dabei ist in etwa wohl eine Linie Niederrhein - vorpommersche
Ostseeküste in Betracht zu ziehen.

In der Nacht zum Sonntag zieht der den Keil umlaufende flache Kurzwellentrog
über Nordostdeutschland weiter südwärts und wird Teil des umfangreichen
südosteuropäischen Höhentiefs. Dahinter verstärkt sich der westeuropäische
Höhenrücken weiter, wölbt sich nordostwärts auf und beginnt im weiteren Verlauf
zu "kippen", Sonntagfrüh verläuft dessen Achse über die Nordsee und Dänemark
hinweg bis zur mittleren Ostsee. Vor allem über dem Süden des Vorhersagegebiets
verstärken sich aufgrund der WLA die Hebungs- bzw. Aufgleitprozesse weiter und
werden durch die Orographie (Alpen) noch unterstützt.
Im Bodenfeld kommt das Frontensystem allmählich südwärts voran und erreicht die
Alpen, wobei der Okklusionsprozess nach wie vor nur langsam von statten geht.
Das Randtief über dem Kattegat zieht nach Ostvorpommern bzw. Nordwestpolen und
füllt sich auf. Vor allem im Westen fallen die Niederschläge somit anfangs noch
teils als gefrierender Regen, bevor sie auch dort allmählich wieder in Schnee
übergehen bzw. von Norden her wieder nachlassen. Im Süden und Südosten
intensivieren sich die Niederschläge dagegen vor allem im Laufe der ersten
Nachthälfte. Dabei sollte allgemein Schnee fallen. Meist werden zwölfstündige
Mengen zwischen 1 und 5 mm simuliert, was einer Neuschneehöhe von etwa 5 cm,
stellenweise auch etwas mehr entspricht. ICON-EU simuliert am Erzgebirge und im
Erzgebirgsvorland sowie generell südlich der Donau mehr als 5 mm, im südlichen
Alpenvorland mehr als 10 mm, im Stau der Alpen sogar bis zu 20 mm. Entsprechend
wären dort 5 bis 10 cm Neuschnee, im südlichen Alpenvorland bis 15 cm, im Stau
der Alpen bis 30 cm, in exponierten Staulagen auch mehr Neuschnee zu erwarten.
Ein durchaus plausibles Szenario angesichts der kräftigen WLA, GFS und der 00
UTC-Lauf des ECMWF simulieren allerdings geringere Mengen (GFS bis maximal 14 mm
im Alpenstau). Das letzte Wort ist hierzu also noch nicht gesprochen.
Nach Passage der Kaltfront lassen die Niederschläge von Norden her wieder nach
und die Wolken lockern gebietsweise auf. Angesichts des unter zunehmenden
Hochdruckeinfluss wieder deutlich auffächernden Gradienten kann sich die
postfrontal einströmende milde Nordseeluftmasse nur schwerlich weiter südwärts
durchsetzen. Frostfrei bleibt es wohl nur im äußersten Norden, im Nordwesten und
im äußersten Westen (Niederrhein, Ruhrgebiet, Westmünsterland). Ansonsten gibt
es verbreitet leichten, vor allem im südostdeutschen Bergland auch mäßigen
Frost. Dabei muss vielerorts mit Glätte gerechnet werden, im Norden und in der
Mitte kann sich auch dichter Nebel bilden.
Der Wind weht vor allem auf den Bergen noch lebhaft aus Nordwest bis Nord, auf
exponierten Gipfeln der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen kann es
stürmische Böen geben.

Sonntag ... kommt der Höhenrücken noch etwas weiter nach Süden voran und greift
auch auf Norddeutschland über, wobei er erneut von WLA überlaufen wird.
Insgesamt stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine nordöstliche Höhenströmung
ein.
Im Bodenfeld verstärkt sich von Südwesten her wieder der Hochdruckeinfluss, das
ehemalige Randtief füllt sich komplett auf. Gegen Abend befindet sich der
Schwerpunkt des Hochs über Ostfrankreich bzw. Südwestdeutschland. Somit lassen
die Schneefälle auch im Süden und Südosten im Tagesverlauf rasch wieder nach,
ICON-EU simuliert bis zum Abend im Alpenstau nochmals 10 bis 15 mm, GFS ähnliche
Mengen, ansonsten werden meist keine 5 mm mehr simuliert. Entsprechend können in
den Alpenstaulagen nochmals um 15 cm Neuschnee fallen, ansonsten südlich der
Donau und am Erzgebirge um 5 cm. Im Norden, in der Mitte und im Westen bleibt es
- bis auf wenige Flocken oder etwas Nieselregen - weitgehend trocken.
Insgesamt kann sich die mildere Luft peu a peu nach Südosten durchsetzen, im
Norden und Westen steigen die Höchstwerte verbreitet auf über 0 Grad. Im Süden
und Südosten bleibt es wohl noch meist bei leichtem Dauerfrost. Die Sonne wird
man wohl kaum zu Gesicht bekommen, am ehesten wohl noch im Nordosten und im
Westen. Der Wind spielt warntechnisch voraussichtlich keine Rolle mehr.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Alle Modelle zeigen im Kurzfristbereich eine ähnliche Wetterentwicklung.
Differenzen ergeben sich vor allem bzgl. der Niederschlagsphase am Samstag.
ICON-EU gibt dabei für den Westen des Landes durchaus Hinweise auf eine
Glatteisregenlage, auch GFS tendiert in diese Richtung, allerdings etwas
abgeschwächter.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff