DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-12-2016 21:00
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.12.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Erzgebirge bis Mittwoch teils markante Schneefälle, in Gipfellagen mit
Verwehungen. Auf exponierten Gipfeln nach Osten zu anfangs noch Sturmböen.
Ansonsten ruhiges Hochdruckwetter mit Warnfokussierung auf
Grenzschichtphänomene.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem umfangreichen
Langwellentrog über Nord- und Osteuropa und einem Höhenrücken, der sich -
ausgehend von einer Höhenantizyklone über Südwesteuropa - über die Britischen
Inseln bzw. die Nordsee hinweg nordwärts bis weit ins Europäische Nordmeer
aufwölbt, unterhalb einer straffen nordnordwestlichen Höhenströmung. Dabei
gelangt niedertroposphärisch erwärmte maritime Polarluft ins Land, während
mitteltroposphärisch vor allem über der Osthälfte kräftige WLA wirksam ist.
Im Bodenfeld verlagert sich ein kräftiges Randtief über dem Baltikum im Laufe
der Nacht rasch weiter ostwärts und füllt sich etwas auf. Gleichzeitig kann sich
das mit dem Rücken korrespondierende Hochdruckgebiet über dem westlichen
Mitteleuropa noch ein wenig verstärken und verlagert seinen Schwerpunkt bis
Mittwochfrüh nach Südwestdeutschland. Insgesamt fächert der Druckgradient im
Laufe der Nacht auch über der Osthälfte Deutschlands damit ein wenig auf und der
Wind nimmt vor allem an den Küsten sowie im Binnenland weiter ab. Warnrelevante
Böen (Bft 8 bis 10) gibt es ab der zweiten Nachthälfte wohl nur noch in den
Kamm- und Gipfellagen der ost- und südostdeutschen Mittelgebirge sowie auf
exponierten Alpengipfeln.
Mit der kräftigen, vorübergehend sich sogar noch etwas verstärkenden WLA greift
im Laufe des Abends und der Nacht eine Warmfrontwelle auf die Osthälfte
Deutschlands über und kommt allmählich südwärts voran. Dadurch verstärken sich
die Hebungsprozesse und - unterstützt durch Staueffekte - die Niederschläge vor
allem am Erzgebirge, aber wohl auch im ostbayerischen Mittelgebirgsraum und am
ostbayerischen Alpenrand (Berchtesgadener Land, eventuell noch Chiemgau). Recht
unisono werden in den genannten Regionen zwölfstündige Mengen zwischen 5 und 10
mm simuliert, am Erzgebirge insbesondere nach Osten zu auch bis über 15 mm,
wobei das Zittauer Gebirge wiederum kaum betroffen sein sollte.
Die Prognose der Schneefallgrenze ist noch mit leichten Unsicherheiten behaftet
und gestaltet sich als recht schwierig. Die WLA kann sich niedertroposphärisch
kaum durchsetzen und führt im Laufe der Nacht nur zu einem geringen Anstieg der
Temperatur in 850 hPa von etwa -5 auf -3 Grad im Bereich des Erzgebirges, auch
abhängig von der Größe des Warmsektors der Warmfrontwelle. Gegen ein deutliches
Ansteigen der Schneefallgrenze sprechen aber sowohl die zunehmende Intensität
der Niederschläge als auch der Tagesgang. Modellseitig wird ein Anstieg der
Schneefallgrenze von etwa 400 m auf 600 bis 800 m angenommen. Somit ist
zumindest in Lagen oberhalb von 800 m durchaus das markante Warnkriterium in
Betracht zu ziehen (10 bis 15 cm, in Staulagen mehr), wobei dort auch noch die
Schneeverwehungen zusätzlich ins Spiel kommen. Für tiefere Lagen (600 m,
eventuell sogar 400 m) dürften dagegen - ebenso wie für den Bayerischen Wald und
ostbayerischen Alpenrand, wo mengenmäßig weniger zusammen kommt - im Großen und
Ganzen "gelbe" Warnungen vor leichtem Schneefall bzw. vor Glätte ausreichen.
Im übrigen Land verläuft die Nacht ruhig, vor allem im Westen und Südwesten,
aber auch im Nordosten bleibt der Himmel gebietsweise gering bewölkt oder
wolkenlos. In diesen Regionen kann es leichten, im südwestdeutschen
Mittelgebirgsraum und im Allgäu auch mäßigen Frost geben. Gebietsweise bilden
sich Nebel und Hochnebel, vereinzelt kann Glätte auftreten.

Mittwoch ... gelangt Deutschland mehr und mehr in den Einflussbereich des west-
und südwesteuropäischen Höhenrückens, dessen breit angelegte Achse abends knapp
westlich bzw. über den Nordwesten des Vorhersagegebietes hinweg nordwärts bis
nach Nordskandinavien verläuft. Somit verbleibt die Osthälfte des Landes
unterhalb der nördlichen Höhenströmung, wobei sich die WLA aber mehr und mehr
abschwächt. Im Bodenfeld dominiert Hochdruckeinfluss, der Schwerpunkt des Hochs
befindet sich mit etwa 1045 hPa nach wie vor über Südwestdeutschland.
Mit Abzug bzw. Auflösung der Warmfrontwelle schwächt sich die Intensität der
Niederschläge über der Osthälfte des Landes im Tagesverlauf allmählich ab. Bis
zum Abend werden in Staulagen des Erzgebirges nochmals zwölfstündige Mengen bis
knapp über 10 mm simuliert (nach ICON-EU sogar bis über 20 mm), im Chiemgau und
Berchtesgadener Land kommen dagegen nur noch 1 bis 5 mm zusammen. An der
Schneefallgrenze ändert sich insgesamt voraussichtlich nur wenig - dem
tagesgangbedingten Anstieg wirkt die Advektion geringfügig kühlerer Luft im 850
hPa- Niveau entgegen. Somit können oberhalb von etwa 800 m im Erzgebirge bis zum
Abend nochmals 5 bis 10 cm Neuschnee fallen (nach COSMO-EU auch mehr), oberhalb
von etwa 600 m eventuell auch noch 1 bis 5 cm.
Der Wind in den Kamm- und Gipfellagen der ost- und südostdeutschen Mittelgebirge
schwächt sich allmählich ab, anfangs kann es aber noch Böen Bft 8 bis 9 geben
und entsprechend auch Schneeverwehungen in exponierten Kammlagen.
Im übrigen Land dominiert ruhiges Hochdruckwetter, wobei sich vor allem im
Westen und Südwesten gebietsweise auch länger die Sonne durchsetzen kann.
Örtlich bleibt es aber auch beständig neblig trüb. Die Höchstwerte liegen im
Norden und Osten im Einflussbereich bodennah recht milder Nordseeluft zwischen 5
und 8 Grad, sonst zwischen 2 und 6 Grad, in Regionen mit beständigem Nebel und
im ostdeutschen Mittelgebirgsraum bei 0 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag "kippt" die Achse des Höhenrückens über Skandinavien
allmählich südostwärts und dort setzt sich wieder die kräftige, recht weit
nördlich verlaufende Frontalzone in Form einer milden westsüdwestlichen
Höhenströmung durch. Mitteleuropa verbleibt aber weiterhin im Einflussbereich
des Rückens, dessen breit angelegte Achse Donnerstagfrüh über Deutschland hinweg
bis ins Baltikum und Nordwestrussland reicht.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt geringfügig nach Osten, so dass die
niedertroposphärische Strömung im Norden und Osten eher auf West dreht und die
Niederschläge auch am Erzgebirge und in der Lausitz allmählich nachlassen. Bis
zum Morgen werden lediglich in Staulagen noch 2 bis 5 mm simuliert, wobei sich
an der Schneefallgrenze wohl nur wenig ändert.
Im Westen und Süden dreht die nur sehr schwache niedertroposphärische Strömung
auf Südost bis Süd, was vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge dort
eventuell schon zu einer Reduktion der Hochnebelfelder führt. Oft bleibt es dort
gering bewölkt oder klar und es gibt leichten, in ungünstigen Lagen auch mäßigen
Frost, örtlich bildet sich auch dichter Nebel und vereinzelt tritt Glätte auf.
Im Norden und Osten verläuft die Nacht dagegen vielerorts trüb bedeckt, nach
Osten zu fällt noch etwas Nieselregen.

Donnerstag ... verläuft die Achse des Höhenrückens nach wie vor über West- und
Norddeutschland hinweg ostwärts bis nach Nordwestrussland. Das Bodenhoch
verlagert seinen Schwerpunkt allmählich ins südöstliche Mitteleuropa. Über Nord-
und Nordostdeutschland bleibt somit die schwache westsüdwestliche Grundströmung
erhalten, im Westen und Südwesten des Landes kann sich die südliche Strömung
noch etwas verstärken, so dass sich vor allem am Nordrand der Mittelgebirge wohl
generell die Sonne durchsetzen kann. Bevorzugt im Osten Bayerns, im Donauraum
und auch im Oberrheingraben halten sich allerdings wohl teilweise ganztägig
Nebel- oder Hochnebelfelder. Auch im Nordosten und Osten verläuft der Tag wohl
noch eher stark bewölkt und trüb, wobei vor allem in der Lausitz und am
Erzgebirge noch geringe Niederschläge in Form von Nieselregen simuliert werden.
Generell führen schwache Luftbewegung und negative Strahlungsbilanz zu einer
Auskühlung der Grundschicht, so dass die Höchstwerte sich wohl nur noch zwischen
1 und 6 Grad bewegen. Eventuell wird es an den Nordrändern der westlichen
Mittelgebirge bereits etwas milder, während es in den Nebel- und
Hochnebelgebieten leichten Dauerfrost geben kann.

In der Nacht zum Freitag weitet sich die über Nordeuropa hinweg ostwärts
verlaufende kräftige Frontalzone ein wenig nach Süden aus. Über Deutschland
dominiert aber weiterhin der Einfluss des nahezu unveränderten Höhenrückens. Das
Bodenhoch verbleibt mit seinem Schwerpunkt über dem südöstlichen Mitteleuropa
bzw. über dem Alpenraum, wobei sich niedertroposphärisch die westliche Strömung
über Norddeutschland etwas verstärkt und eine Warmfront mit dichteren
Wolkenfeldern zumindest den Küstenbereich streifen könnte.
Ansonsten steht aber weiterhin die Grundschichtproblematik um Fokus des
Warngeschehens. Mit Ausnahme des äußersten Nordens gibt es vielerorts leichten,
in ungünstigen Lagen bei klarem Himmel auch mäßigen Frost. Die Nebelfelder
können sich wieder verdichten und stellenweise tritt Glätte durch Reif bzw.
gefrierendes Nebelnässen auf.

Freitag ... bleibt der inzwischen nahezu zonal orientierte und über
Norddeutschland hinweg verlaufende Höhenrücken weiterhin wetterbestimmend. Auch
das Bodenhoch mit Schwerpunkt über Süddeutschland bzw. dem Alpenraum ändert sich
kaum in Lage und Intensität. Mit Annäherung der Kaltfront eines zur nördlichen
Norwegischen See ziehenden Sturmtiefs, die gegen Abend die nördliche Nordsee
erreicht, verschärft sich der Druckgradient über dem norddeutschen Küstenbereich
ein wenig, eventuell reicht es dort bereits für erste steife Böen (Bft 7) aus
West bis Südwest. Zudem ziehen über dem Nordwesten und Norden mit zunehmender
WLA vielerorts dichte Wolkenfelder hinweg, es bleibt aber wohl noch trocken.
Ansonsten ändert sich nur wenig. Gebietsweise hält sich bei leichtem Dauerfrost
ganztägig Nebel bzw. Hochnebel, oft scheint aber auch die Sonne, vor allem auf
den Bergen und an deren Nordränder. Auch am Temperaturniveau ändert sich
insgesamt nur wenig.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristbereich allesamt eine ähnliche
Wetterentwicklung. Bzgl. der zu erwartenden Niederschläge in der kommenden Nacht
und morgen vor allem am Erzgebirge haben sich die Modelle weiter angeglichen,
nach wie vor gibt es aber geringe Unterschiede bzgl. der RR-Mengen und der
Niederschlagsphase.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff