DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-12-2016 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.12.2016 um 10.30 UTC



Ab Wochenmitte Hochdruckeinfluss, sehr wahrscheinlich bis zum Jahreswechsel. Zu
Beginn des neuen Jahres zyklonaler mit Niederschlägen, MÖGLICHERWEISE bis in
tiefe Lagen als Schnee.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 01.01.2017


Die letzten Tage des Jahres 2016 werden bei uns mit hoher Wahrscheinlichkeit von
einem kräftigen Hochdruckgebiet bestimmt, das sich in der Wochenmitte von Westen
peu a peu zu uns hereinschiebt. Dabei kommt die zuvor eingeflossene maritime
Polarluft zur Ruhe und die Zunft der Vorhersagemeteorologen darf sich zum
Jahresausklang mit dem Thema beschäftigen, mit dem sie sich schon über weite
Strecken des Dezembers beschäftigt hat - der Grenzschichtmeteorologie. Es
scheint, als hätte das die Natur nach dem kurzen Windintermezzo zu Weihnachten
extra so eingerichtet, damit wir nicht aus der Übung kommen. Oder möchte uns die
Atmosphäre noch mal ein paar ruhige Tage gönnen, bevor im neuen Jahr etwas auf
die Platte kommt, dessen Existenz in den letzten Wochen ernsthaft angezweifelt
werden konnte. Die Rede ist von WINTER, und zwar nicht im klimatologischen,
sondern im wettertechnischen Sinne. Doch dazu später mehr.

Zunächst mal verlagert sich im Laufe des kommenden Mittwochs das Zentrum einen
umfangreichen und kräftigen Hochs (über 1040 hPa) von Westeuropa her nach
Deutschland. Gestützt und gefördert wird es von einem breiten Höhenrücken, der
quasi ganz Westeuropa überdeckt und von dem aus ein Keil über Norwegen hinweg
bis zum Nordpolarmeer gerichtet ist. Zwischen diesem Keil und einem von
NO-Europa bis zum östlichen Mittelmeer reichenden LW-Trog verläuft eine
langgestreckte, relativ glatt konturierte nördliche Höhenströmung, die in
abgeschwächter Form zunächst auch noch über die östlichen Bereiche des
Vorhersageraums hinwegläuft. Dort korrespondiert sie mit einer nordwestlichen
Bodenströmung (der Hochschwerpunkt liegt zu dieser Zeit ja noch weiter
westlich), die noch Reste maritimer Polarluft südostwärts steuert und dabei für
letzte Niederschläge (im Bergland Schnee, sonst eher Regen oder Schneeregen)
sorgt. Ansonsten kommt die zuvor eingeflossene erwärmte Polarluft mehr und mehr
zur Ruhe. Absinkbedingt steigt die 850-hPa-Temperatur an (zum Tagesende
erscheint die +5°C-Isotherme an der Grenze zu Frankreich), was die Ausbildung
einer Inversion weiter fördert.

Am Donnerstag und Freitag weitet sich der Hochdruckeinfluss quasi über ganz
Mitteleuropa bis hin zu nahem Osteuropa aus. Dabei verlagert sich der
Schwerpunkt unter leichter Abschwächung etwas nach Osten, wir bleiben aber in
einem äußerst gradientschwachen Umfeld. Das Potenzial steigt nach Osten hin an,
während über Nordeuropa ein Abbau erfolgt, so dass sich dort die Frontalzone in
Lauerstellung bringen kann - zunächst aber noch ohne Auswirkungen auf das
hiesige Geschehen.
Daran wird sich wohl auch an Silvester (Samstag) noch nicht allzu viel ändern,
auch wenn das Hoch beginnt zu schwächeln und sich die umfangreiche Tiefdruckzone
über Nordeuropa minimal nach Süden verschiebt. Lediglich im Küstenraum nimmt der
SW-Wind etwas zu und vielleicht reicht es auch schon für den ersten Regen, was
für die obligatorische Silvesterknallerei freilich ein kleiner Wermutstropfen
wäre.

Am Sonntag (Neujahr) soll dann schon etwas mehr Bewegung ins Geschehen kommen.
Mittlerweile hat sich großräumig ein schönes Viererdruckfeld etabliert
(Hochschwerpunkt SO-Europa und südlich Islands vs. Tiefs über Nordskandinavien
und bei den Azoren), dessen frontogenetische Wirkung eine Kaltfront zustande
bringt, die ihren Namen wirklich verdient, am Sonntag zunächst aber noch etwas
zögerlich nordwestlich des Vorhersageraums verweilt. Erst in der Nacht zum
Montag, wenn sie von einem nachfolgenden, sehr markanten und sich weiter
intensivierenden Höhentrog gepusht wird, greift sie auf Deutschland über bzw.
passiert uns recht zügig in Richtung Alpen. Dahinter strömt straighforward ein
Schwall Polarluft arktischen Ursprungs nach Deutschland, in der die
850-hPa-Temperatur auf unter -5°C sinkt.
Wenn dann auch noch - wie von IFS-ECMF simuliert - zum Dienstag hin ein Tief von
NO her in unsere Richtung zieht und dabei noch etwas kältere Luftmassen
heranführt, gleichzeitig aber auch ordentlich Hebung generiert, könnte (noch
muss man deutlich im Konjunktiv sprechen) es zumindest in einigen Landesteilen
winterlich zur Sache gehen. Man darf sehr gespannt sein...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der jüngsten Modellläufe des IFS- ECMF kann als sehr gut
bezeichnet werden. So wird für die Wochenmitte nach wie vor die Annäherung eines
kräftigen Hochdruckgebiets von Westen her simuliert, das uns sehr wahrscheinlich
bis Jahresende, nach Süden hin auch noch zu Beginn des neuen Jahres erhalten
bleibt. Das Übergreifen der Frontalzone von Norden her wird im aktuellen
00-UTC-Lauf geringfügig später gerechnet als das gestern noch der Fall war.
Am gestrigen Vorhersagekonzept muss von daher nichts Monumentales geändert
werden, allerdings wird die Spanne der Tageshöchstwerte etwas nach unten
erweitert (bei zähem Nebel oder Hochnebel ist tagsüber Dauerfrost
wahrscheinlich).
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich kommenden Sonntag sind sich die großen Globalmodelle (ICON,
GFS, GEM, UKMO) einig. Kleinere Differenzen sind eher marginal und ändern an der
allgemeinen Ausrichtung nichts. Bei allen Modellen deuten sich übrigens auch der
o.e. Trog nebst vorgeschalteter Kaltfront an. Sowohl GFS als auch GEM - beides
Modelle, die über 168 h hinaus rechnen - lassen Trog und Front ähnlich wie IFS
dann auch passieren. Danach allerdings divergieren die Lösungen. GFS baut eine
High-over-Low-Lage mit kalter Ostströmung auf, in der die 850-hPa-Temperatur mit
Ausnahme des Südens auf -10°C oder etwas darunter zurückgeht. Das bei IFS
simulierte Tief fehlt hier, trotzdem käme es im Süden zu länger andauerndem
Schneefall.
Das kanadische GEM setzt nach der Trogpassage (die auch schwächer ausfällt als
bei IFS und GFS) auf eine nasskalte, von Westen aber alsbald wieder milder
werdende W-NW-Lage mit fettem Hoch über UK/Irland und Keil Richtung Frankreich.
Für Spannung ist zu Beginn des neuen Jahres aber so oder so gesorgt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusterung von ECMF-EPS für den Zeitraum T+120...168 h (Freitag bis Sonntag)
offeriert zwar drei verschiedene Cluster (25 + HL/KL, 16, 10 Mitglieder), die in
diesem Zeitraum aber alle auf Hochdruckeinfluss setzen. Unterschiede ergeben
sich im Hinblick auf den von NW heranschwenkenden Trog, der in CL 1 am
kräftigsten erscheint. In CL 2 fällt er etwas schwächer aus und scheint auch
leicht verzögert überzugreifen, während er in CL 3 kaum entwickelt ist und die
Frontalzone somit relativ glatt von Norden her auf unseren Raum übergreifen
würde.
Drei Cluster stehen auch für den Zeitraum T+192...240 h (Montag bis Mittwoch) auf
der Karte (20 + KL, 16, 15 + HL Mitglieder). Dabei präferieren CL 1 und CL 3
eine kalte Troglage, während CL 2 auf eine Nordwestrutsche setzt. Wie auch
immer, für Abwechslung vom drögen Hochdruckgeeiere wäre so oder so gesorgt.
Das spiegelt sich freilich auch in den Rauchfahnen verschiedener deutscher
Städte wider, die bis einschließlich Silvester recht eng gebündelte
Kurvenscharen anbieten. "Recht" deswegen, weil es bei T850 ein paar ganz wenige
Ausreißer nach unten gibt, die am Hochdruckeinfluss nichts ändern, dafür aber
das Temperaturniveau niedriger halten würden. Ab Sonntag nimmt nicht nur Spread
zu, es setzen auch vermehrt Niederschlagssignale ein, was im Einklang mit der
o.e. Entwicklung steht. Trotz zunehmenden Spreads, der Trend ist eindeutig:
sowohl T850 als auch Pot500 tendieren nach unten, wenn auch mit
unterschiedlichem Tempo bzw. unterschiedlicher Intensität.
Das Ensemble von GFS zeigt ein dem ECMF-EPS sehr ähnlichen Ablauf.
FAZIT: Nach beschaulichem Jahresausklang auf hohem Druckniveau spricht viel
dafür, dass Anfang 2017 gleich mal eine Duftmarke in puncto "Winter" gesetzt
wird. Ob überall und bis ganz runter oder doch im Wesentlichen nur im Bergland
gilt es abzuwarten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Nach Wind und Sturm in der Kurzfrist sorgt das dann folgende Hoch wieder für
Ruhe im Karton. Der kommende Mittwoch stellt dabei einen Übergangstag dar, will
heißen:
In den Hochlagen der östlich gelegenen Mittelgebirge sowie in den Alpen ist
anfangs noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für STURMBÖEN aus W-NW gegeben.
Gleiches gilt für den Brocken. Zudem fällt vom Erzgebirge über den Bayerischen
Wald hinweg bis zum östlichen Teil der deutschen Alpen noch etwas SCHNEE, wobei
die Mengen meist unter 5cm/12h liegen dürften.
Danach stehen dann wieder Parameter wie FROST, NEBEL und vielleicht auch GLÄTTE
auf der Agenda, worauf hier aber nicht näher eingegangen werden soll. Nur so
viel, in einigen schneebedeckten Hochtälern im Osten und Südosten sowie der
Alpen ist STRENGER FROST möglich.

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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit Modellmix und ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann