DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-12-2016 09:00
SXEU31 DWAV 200800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.12.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ruhige Hochdruckrandlage. Sturmböen auf höheren Alpengipfeln und später durch
"Böhmischen Wind" stürmische Böen in exponierten Lagen des Osterzgebirges und
der Lausitz. Sonst vorerst keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... bestimmt ein blockierendes Höhenhoch mit Schwerpunkt über Polen
unser Wettergeschehen. Hierdurch wird ein ausgedehntes Bodenhoch gestützt. Der
höchste Druck ist zwar mittlerweile über Osteuropa, d.h. über Weißrussland zu
finden, aber dieses Hoch weist eine Brücke auf, die eine Verbindung zum
Azorenhoch darstellt. Somit lässt sich die Lage weiterhin als schwachgradientig
bezeichnen.
Das Höhenhoch wird von einem Langwellentrog, der sich bis ins Schwarzmeergebiet
erstreckt, flankiert. Über Westeuropa sind dagegen mehrere Höhentiefs zu finden,
die aus vorherigen Abtropfprozessen resultieren. Zwischen diesen Höhentiefs und
dem blockierenden Hoch ergibt sich über Mitteleuropa eine schwache südöstliche
Strömung. Die Lage des Schwerpunkts des Bodenhochs hat eine leichte südöstliche
bis östliche bodennahe Windkomponente zur Folge, mit welcher durch die
fortschreitende Luftmassenalterung bedingt bodennah eher etwas kältere Luft
advehiert wird.
Durch den leichten Südeinschlag der bodennahen Windkomponente konnte sich an den
Alpen wie auch am Erzgebirge und der Lausitz eine schwache Föhnsituation
entwickeln. Während diese auf Alpengipfeln bereits besteht, muss im Erzgebirge
und in der Lausitz der Wind erst noch in Gang kommen. Durch die
Kaltluftansammlung im Böhmischen Becken und den einsetzenden Gradient sind die
Voraussetzungen gegeben, so dass nicht nur auf Alpengipfeln Böen bis
Sturmstärke, sondern später am Tag auch in entsprechend exponierten Lagen
(durchaus auch von Süd nach Nord ausgerichtete Täler) Wind- und einzelne
stürmische Böen aufkommen können.
Fortwährendes Absinken hat die bodennahe Inversion flacher werden lassen.
Oberhalb von 800 bis 900 Metern sind Berglagen wolkenfrei. Die Chance, dass sich
Nebel und Hochnebel auflösen bzw. sich die bisher nebelfreien Gebiete noch
ausweiten, ist an den Nordseiten der Gebirge am höchsten. Ganz im Norden, im
Thüringer Becken, aber auch in weiten Teilen Süddeutschlands wird sich der
Hochnebel den ganzen Tag über halten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 1 bis 6, bei längerem Sonnenschein um 8
Grad. Unter zähem Hochnebel wird der Gefrierpunkt kaum überschritten bzw. es
erfolgt gegenüber den Frühtemperaturen keine wesentliche Änderung.
In der Nacht zum Mittwoch weitet sich, vom nahen Ostatlantik kommend, ein
breiter Trog auf Westeuropa aus. Durch diesen Trog wird eine Zonalisierung
eingeleitet. Druckfall über der Nordsee lässt im Nordwesten und im Norden die
bodennahe Strömung auf Südwest drehen; von einer schwachgradientigen Lage kann
dann in diesen Gebieten nicht mehr die Rede sein. Allerdings wird es für
warnrelevante Böen allenfalls an der nordfriesischen Küste reichen.
Für die anderen Gebiete ergibt sich noch keine Änderung, so dass sich bei
wolkenfreiem Himmel vielfach Nebel bildet und dort, wo bereits welcher vorhanden
ist, sich der Nebel oder Hochnebel verdichtet. Abgesehen vom Küstenstreifen ist
nahezu flächendeckend leichter, im Bergland zum Teil mäßiger Frost zu erwarten.
Glätte sollte auf die Gebiete mit Frost und dichtem Nebel beschränkt bleiben.


Mittwoch... setzt sich die Frontalzone über Skandinavien hinweg bis zum Weißen
Meer durch. Die Achse des o.g. Troges verbleibt zwar über dem nahen Ostatlantik,
aber ein vorgelagertes Frontensystem kann dann schleifend auf den Nordwesten und
Westen Deutschlands übergreifen. Allerdings reicht es, bedingt durch den nach
wie vor kräftigen antizyklonalen Einfluss, nur für geringe Niederschläge; mehr
als 5 mm innerhalb von 12 Stunden sind selbst in Staulagen nicht zu erwarten.
Mit der Annäherung der Front setzt auch über den mittleren Gebieten eine leichte
Gradientzunahme ein, so dass es dann auf einigen höheren Berggipfeln vor allem
der nördlichen Mittelgebirge für stürmische Böen reichen könnte. Auch eine
Andauer des "Böhmischen Windes" ist vorstellbar; das Kaltluftreservoir über dem
Böhmischen Becken ist bis dahin noch keinesfalls abgebaut. An der Küste macht
sich die Gradientzunahme stärker bemerkbar, so dass dort Wind- und an der
nordfriesischen Küste durchaus auch stürmische Böen in Gang kommen. Im Norden
und auch in den mittleren Gebieten wird es daher ein wenig milder als bisher.
Südlich der Mittelgebirge bleibt die schwachgradientige Lage bestehen, so dass
sich dort in Bezug auf das Wettergeschehen wie auch auf die
Temperaturentwicklung gegenüber heute keine wesentliche Änderung ergibt.
In der Nacht zum Donnerstag lässt eine Wellenentwicklung über dem Ärmelkanal die
Front über dem Westen und Nordwesten Deutschlands als Warmfront rückläufig
werden. Vorgelagerte Warmluftadvektion sorgt für eine leichte Intensivierung der
frontalen Hebungsprozesse, ohne dass Warnschwellen in Bezug auf Niederschlag
auch nur annähernd erreicht werden.
Durch die Annäherung der Welle wird im Norden der Gradient wieder etwas
auseinandergezogen, so dass dann an der Küste keine warnrelevanten Böen mehr
auftreten sollten. Die Mittelgebirge verbleiben an der Südflanke der sich
annähernden Welle, so dass in exponierten Berglagen weiterhin stürmische Böen
möglich sind.
Während es im Nordwesten und Westen unter Wolken frostfrei bleibt (wodurch dort
bei einsetzenden Niederschlägen auch keine Glättegefahr gegeben ist), sind in
den anderen Gebieten Tiefstwerte im Bereich leichten Frostes zu erwarten. In den
östlichen Mittelgebirgen und unmittelbar an den Alpen ist auch noch einmal
mäßiger Frost vorstellbar.
Vor allem südlich der Mittelgebirge ist erneut mit Nebelbildung bzw. der
Verdichtung bereits vorhandener Nebelfelder zu rechnen. In Nebelgebieten besteht
bei Frost Glättegefahr.

Donnerstag... greift ein erster, wenn auch schwacher Trog auf das
Vorhersagegebiet über. Mit Annäherung dieses Troges ist eine leichte Aktivierung
des Wettergeschehens an der auf den Nordwesten und Norden Deutschlands
übergreifenden Welle vorstellbar. In einem breiten Streifen vom Rheinland und
vom Emsland bis zur Ostsee sind 5 bis etwa 15, in Staulagen bis 20 mm
Niederschlag innerhalb von 12 Stunden möglich. Im Bereich der zentralen und
östlichen Mittelgebirge ist dort, wo zuvor der Erdboden gefrieren konnte,
vorübergehend auch die gefrierende Niederschlagsphase möglich. Hierbei handelt
es sich sehr wahrscheinlich um kleinräumig eng begrenzte Gebiete. Größtenteils
dürfte sich auch über den Mittelgebirgsregionen, bedingt durch die vorherige
Gradientzunahme, bereits die mildere Luft durchgesetzt haben. Zum anderen setzen
die Niederschläge im Tagesverlauf ein, d.h. eine wenn auch schwach ausgeprägte
durch den Tagesgang bedingte Erwärmung dürfte bis dahin wirksam geworden sein.
Eine unwetterartige Glatteissituation zeichnet sich somit nicht ab.
Mit dem rasch ostwärts schwenkenden Trog, der dir Front überläuft, verliert die
Welle an Wetterwirksamkeit. Zusätzlich greift Kaltluftadvektion weit nach Osten
über, was die Aktivität der Front weiter dämpft. Zwar können die Niederschläge
im Tagesverlauf noch auf die zentralen Mittelgebirge übergreifen. Die Intensität
der Niederschläge wird jedoch in der zweiten Tageshälfte merklich nachlassen.
Die südlichen und östlichen Gebiete Deutschlands werden von diesen
Niederschlägen ohnehin noch nicht erfasst. Südlich der Mittelgebirge bleiben die
geringen Luftdruckgegensätze bestehen, so dass sich gegenüber den Vortagen keine
wesentliche Änderung ergibt. Auflockerungen und auch Aufheiterungen sind an den
Nordseiten der süddeutschen Gebirge, des Erzgebirges und in höheren Berglagen
Süd- und Südostdeutschlands am wahrscheinlichsten.
Auch wenn die Front bis in die mittleren Regionen vordringt, so macht sich etwas
Durchmischung nur im Nordwesten und im Norden bemerkbar, so dass dort
Höchsttemperaturen zwischen 4 und 8 Grad zu erwarten sind. Ansonsten ergibt sich
keine wesentliche Temperaturänderung.
Warnrelevante Böen sollten an der Küste auf exponierte Lagen beschränkt bleiben.
Auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sind
weiterhin Böen bis Sturmstärke möglich.
In der Nacht zum Freitag erreicht der Trog Polen und wird dabei allmählich
zugeschüttet. Diesem Trog folgt ein flacher Rücken. Durch diesen wird ein
Bodenhoch gestützt, das einen Schwerpunkt über dem Südosten Deutschlands
ausbildet und das sich eher noch etwas kräftigt. Hierdurch stellen sich dann
auch wieder über dem zentralen Mittelgebirgsraum geringe Luftdruckgegensätze
ein.
Frontale Niederschläge können bis auf Süddeutschland übergreifen. Allerdings
sind nur geringe Summen zu erwarten, die durchweg unterhalb von 5 mm innerhalb
von 12 Stunden liegen; innerhalb der zweiten Nachthälfte dürfte es nur für
wenige Zehntel, vielleicht für etwas über 1 mm Niederschlag reichen. Sollte in
diesen Gebieten bereits zuvor eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes
erfolgt sein bzw. der Erdboden gefroren sein, besteht die Gefahr von Glatteis.
In Südthüringen, von Oberfranken bis nach Niederbayern sowie im Erzgebirgsraum
ist die Gefahr hierfür am höchsten. Wenn es auch nicht für eine unwetterartige
Situation reichen dürfte, so wären dann markante Warnungen durchaus
gerechtfertigt. Leichter Frost sollte auch auf diese Gebiete und vielleicht noch
auf einige höhere Berglagen beschränkt bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Probabilistische Verfahren liefern in Bezug auf die zu erwartenden Niederschläge
keine anderen Aussagen. Nach COSMO-LEPS ist bis weit in den Mittwoch hinein mit
einer Andauer des "Böhmischen Windes" zu rechnen; erst in der Nacht zum
Donnerstag würden die hierdurch ausgelösten Böen schwächer werden.
Die Gefahr von gefrierendem Niederschlag am Donnerstag und in der Nacht zum
Freitag wird von externen Modellen als deutlich geringer eingeschätzt als von
ICON.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann