DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-11-2016 21:00
SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.11.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Mittwochmorgen im Norden stellenweise Glatteis, tagsüber nach SE ausweitend.
Nachfolgend Windzunahme. Am Donnerstag in der NE-hälfte teils stürmische Böen,
an den Küsten Sturmböen, im Bergland exponiert auch Orkanböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... schwenkt ein kurzwelliger Anteil des langwelligen Rückens über
Westeuropa über Deutschland nach Südosten, gefolgt von einem Kurzwellentrog, der
über Skandinavien zur Ostsee schwenkt. Damit setzt sich bei uns eine
nordwestliche Strömung durch, in der eingelagert eine maskierte Kaltfront nachts
auf den Norden übergreift.
Damit verbunden verschärft sich der Gradient, und es breitet sich nicht nur
starke Bewölkung über den Norden aus, vom Nordseeumfeld bis ins südliche
Vorpommern fällt im Laufe der Nacht gelegentlich leichter Regen oder
Nieselregen. Nachdem es zuvor bei aufgelockerter Bewölkung noch mal abkühlen
konnte, ist stellenweise gefrierender Regen möglich. Die relativ großflächige
Simulation von Glatteis in den deutschen Modellen scheint übertrieben, da die
Temperaturen wohl dank des auffrischenden Westwindes und der aufkommenden
Durchmischung rascher ansteigen, als simuliert, Es läuft damit eher auf
örtliches Glatteis hinaus, mit markanten Warnungen.
Mit der weiteren Gradientzunahme über dem Norden sind an den Küsten vermehrt
starke bis stürmische Böen, exponiert an der Ostsee ausgangs der Nacht
vielleicht auch Sturmböen zu erwarten.
Der Bereich mit schärferem Gradienten erfasst teilweise auch die Mitte, so dass
auf einigen Gipfeln im Laufe der Nacht stürmische Böen möglich werden, auf dem
Brocken auch schon Sturmböen.
Davon noch nicht betroffen werden große Teile der Mitte und des Südens, wo sich
der Einfluss der Hochdruckzone über West- und Südwesteuropa hält. Dort bleibt es
meist gering bewölkt oder klar und die Temperaturen gehen in der trockenen Luft
wieder weit zurück. Verbreitet gibt es mäßigen, vereinzelt strengen Frost. Lokal
ist auch Reifglätte und Nebel möglich. Sichtbare Warnungen vor strengem Frost
und Reifglätte drängen sich aber nicht unbedingt auf, das sind eher lokale
Phänomene.

Mittwoch ... setzt sich am Rand des kräftigen Höhenrückens über Westeuropa eine
nordwestliche Strömung bei uns durch, die sich am Boden eher auf Nordosthälfte
beschränkt, während sich im Südwesten Hochdruckeinfluss hält.
Die Kaltfront kommt vor allem über dem Osten nach Süden voran, während sie nach
Westen zu rückläufig wird und in die Warmfront des nächsten, in die norwegische
See ziehenden Tiefs übergeht.

Die leichten Niederschläge breiten sich nach Südosten hin aus und erreichen auch
das Erzgebirge. Dabei fällt in tiefen Lagen meist Regen, anfangs lokal
gefrierend. Erst weiter nach Südosten hin, zur Neiße und in Sachsen fällt auch
in tiefen Lagen anfangs teilweise Schnee oder Schneeregen, der aber meist nicht
liegen bleibt. Lediglich im Harz und Erzgebirge ist oberhalb von 400 bis 600m
etwas Neuschnee, wenige cm möglich.

Der Wind weht vor allem an den Küsten und im östlichen und nördlichen Bergland
kräftig aus westlichen Richtungen mit starken bis stürmischen Böen, exponiert
anfangs an der Ostsee mit Sturmböen und auch auf einigen Gipfeln sind Sturmböen
wahrscheinlich. Im Tagesverlauf lässt der Wind aber vorübergehend wieder nach.
In der Südhälfte ist weiter Absinken im Bereich der Hochdruckzone wirksam und es
steht ein freundlicher, wenn auch relativ kalter Tag an mit Höchstwerten
zwischen 0 und 5 Grad, während im Norden schon wieder 5 bis 8 Grad, an der
Nordsee nahe +10 Grad möglich sind.

In der Nacht zum Donnerstag läuft ein markanter KW Trog mit kräftiger PVA in der
Frontalzone über der norwegischen See nach Südosten ab und induziert aus einer
Welle die Entwicklung eines kleinen Tiefs, das nach Südnorwegen zieht. Die
zugehörige Warmfront überquert den Norden nach Südosten, wobei der Druckgradient
erneut zunimmt. Unterstützt von kräftiger WLA verstärken sich die
Hebungsvorgänge und es setzen kräftigere Niederschläge ein, die sich erneut
Richtung Erzgebirge ausbreiten. Die Schneefallgrenze steigt dabei von NW auf 500
bis 700m an, darüber sind vor allem im Stau des Erzgebirges nach der deutschen
Modellkette 10 bis 15 cm Neuschnee möglich, externe Modelle simulieren teilweise
aber deutlich weniger. Da sich die Niederschläge auch zur Mitte hin ausdehnen,
ist dort, wo es zuvor abkühlen konnte, auch lokal gefrierender Regen möglich.
In der Nordhälfte ist dank starker Bewölkung und guter Durchmischung Frost kein
Thema mehr, auch im Binnenland sind 7er Böen zu erwarten, an den Küsten und im
Bergland weiter stürmische Böen, auf exponierten Bergen teilweise schwere
Sturmböen. In der Südwesthälfte hält sich Hochdruckeinfluss. Windböen
beschränken sich aufs höhere Bergland und es gibt erneut verbreitet leichten,
stellenweise mäßigen, an den Alpen vereinzelt strengen Frost.

Donnerstag ... verstärkt sich das Tief auf seinem Weg zum südlichen Baltikum
(Litauen) weiter, laut ICON bis ca. 980 hPa im Kern, während die Hochdruckzone
südwestlich von uns zwar etwas schwächelt, aber im Wesentlichen bestehen bleibt.
Der Gradient über der Nordosthälfte verschärft sich damit weiter und dehnt sich
noch etwas nach SW aus.

Damit sind im Norden und Osten verbreitet starke bis stürmische Böen, vereinzelt
Sturmböen aus West bis Nordwest zu erwarten, wobei die stärkste Windentwicklung
an der Passage der Kaltfront hängen dürfte, die im Tagesverlauf von Norden her
erfolgt. An den Küsten sind exponiert schwere Sturmböen möglich, im östlichen
Bergland bis zu den Ostalpen auf exponierten Bergen auch orkanartige Böen oder
Orkanböen.
Nach Südwesten hin sind vor allem im höheren Bergland warnwürdige Böen zu
erwarten.
Gleichzeitig wird feuchtere und mildere Luft herangeführt, in der es im Norden
und der Mitte stark bewölkt ist mit zeitweiligen Regenfällen, wobei die
Schneefallgrenze wieder auf 700 bis 1000m steigt, die feste Phase, an die 10 cm
Neuschnee, also den Gipfellagen der Gebirge vorbehalten bleibt. Der Schnee ist
dort feucht und wird kaum verweht.
In Staulagen regnet es etwas mehr, ohne das Warnschwellen in Gefahr geraten.
Postfrontal lockert die Bewölkung nachmittags ganz im Norden wieder auf.
Vor allem im Norden sind wieder +8 bis +10 Grad zu erwarten, sonst meist 3 bis 8
Grad.
Nachts zieht das Tief weiter zur Ukraine und beginnt sich aufzufüllen, da es
direkt unter ein abtropfendes Höhentief gerät. Die Kaltfront kommt über der
Mitte ins Schleifen und geht dort erneut in eine Warmfront über. In den
Nordosten fließt postfrontal ein Schwall Polarluft ein mit T850 um -5 Grad, die
Schneefallgrenze sinkt wieder auf 300 bis 400m, allerdings lassen die
Niederschläge mit einströmender Kaltluft rasch nach. In einigen höheren
Staulagen sind aber durchaus um 10, örtlich 15 cm Neuschnee möglich. Die
Niederschläge erreichen auch den Westen und Süden, dort liegt die
Schneefallgrenze aber höher, bei 800 bis 1000m. Der Nordwest- bis Westwind flaut
wieder ab, in Hochlagen des Südostens, der Mitte und an den Küsten bleibt es
aber windig, wenn auch, wie erwähnt, mit abnehmender Tendenz.
Frost gibt es vor allem im höheren Bergland und ganz im Südwesten bei teils
geringer Bewölkung.

Freitag ... liegen wir zwar weiter in der nordwestlichen Höhenströmung,
allerdings entfernt sich das Sturmtief nach Osten und schwächt sich ab, wobei
der Gradient über Deutschland deutlich auffächert. Damit beruhigt sich das
Wettergeschehen.
An den Küsten gibt es Windböen, anfangs stürmische Böen, die aber weniger
werden, auch im Bergland des Südosten sind zunächst stürmische Böen, exponiert
Sturmböen möglich, die ebenfalls nachlassen.
Der Tiefausläufer schleifend über der Mitte, bzw. dem Westen ist in den Feldern
noch erkennbar, seine Wirksamkeit schwächt sich aber ab. Er ist gekennzeichnet
durch leichte Regenfälle, auf der kalten Seite durch Schneefälle hinab bis
300/400m. Größere Niederschlagsmengen gibt es nicht, in Staulagen örtlich um 5
mm, vereinzelt an den Alpen auch an die 10mm.
Abseits der Front gibt es im Nordosten und ganz im Südwesten Aufheiterungen,
sonst überwiegt starke Bewölkung.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren im Großen und Ganzen ähnlich, aber noch mit Unschärfen in
Bezug auf die Lage des Niederschlags, vor allem am Donnerstag und Freitag,
dessen Phase und Menge. Was den möglichen gefrierenden Regen ausgangs der
kommenden Nacht angeht, darf man von markanten Ereignissen ausgehen, nicht
Unwetter. Die deutliche Windzunahme in den nächsten Tagen wird ähnlich
simuliert, auch wenn bezüglich der Entwicklung des Tiefs (Do/Fr) Fragezeichen
verbleiben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner