DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-11-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 26.11.2016 um 10.30 UTC



Nasskalte Nordwestrutsche mit größeren Unsicherheiten.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 03.12.2016


Die nordhemisphäriosche Zirkulation ist zu Beginn des Mittelfristzeitraums mit
einem geschwächten Polarwirbel weiterhin gestört. Der eine Ast des Polarwirbels
liegt über Nordkanada, der zweite über Sibirien. Am Pol herrscht vergleichsweise
relativ hohes Geopotenzial. Diese gestörte Zirkulation hat auch Auswirkungen auf
Europa. Dort erstreckt sich eine Langgezogene Hochdruckzone vom Atlantik bis
nach Mitteleuropa. Weiter östlich schließt sich ein Langwellentrog an, der Ost-
und Teile Mitteleuropas am Vortag mit maritimer Arktikluft geflutet hat. Die
Frontalzone befindet sich weit nördlich und Läuft von Island bis nach
Skandinavien.
Deutschland liegt Bodennah unter Hochdruckeinfluss. Die eingeflossene Arktikluft
wird durch absinken und advektion milderer Nordseeluft in der Höhe stark
erwärmt.

Im weiteren Verlauf kommt es zu einer retrograden Verlagerung der Hochdruckzone.
Ihr Zentrum verschiebt sich zunehmend Richtung Großbritannien. Dabei wölbt sich
ein Keil in Richtung der Südspitze von Grönland auf. Gleichzeitig entwickelt
sich stromabwärts ein Kurzwellentrog, der vom Nordmeer über Skandinavien und das
Baltikum zieht und am Donnerstag den Osteuropatrog regeneriert. Deutschland
gelangt dabei in eine "Nordwestrutsche", wodurch erwärmte Nordseeluft einfließt
(850-hPa-Temperaturen um 0 °C). Im Bereich einer nur schlecht definierten,
wellenden Front kommt es immer wieder zu Niederschlägen. Die Vorhersage der
Niederschlagsphase ist dabei unsicher. Je nachdem, wie schnell die Bodennahe
Kaltluft ausgeräumt werden kann, ist anfangs gefrierender Regen möglich. Im
Bergland fällt teils Schnee, teils Regen.

Zum Wochenende setzt sich die retrograde Entwicklung fort. Der Höhenkeil
verlagert sich westwärts über den Altantik, während ein weiterer Kurzwellentrog
über die Nordsee nach Deutschland herein zieht und maritime Polarluft mit sich
bringt. Die Strömung dreht zunehmend auf Nord. Im weiteren Verlauf liegt dann
Mitteleuropa auf der Rückseite eines Langwellentroges, wodurch erneut ein
Schwall maritime Arktikluft einfließt (850-hPa-Temperatur -6 - -11 °C). Bodennah
setzt sich dabei zunehmender Hochdruckeinfluss durch.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neue ECMWF-Lauf zeigt bis Freitag eine ähnliche Entwicklung, wie die
Vorläufe. Unterscheide ergeben sich im Detail in der Frontlage und in wie
schnell sich die mildere Nordseeluft durchsetzt. Die Vorläufe zeigten ab dem
nächsten Wochenende eine deutliche Milderung, der gestrige 12z-Lauf sogar den
Übergang zu einer Südwestlage. Dies wurde aber im neuen Lauf verworfen. So wird
nun eine Nordlage simuliert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


GFS sieht im Großen und Ganzen ähnlich aus, wie ECMWF, simuliert aber in der 2.
Wochenhälfte etwas höhere Temperaturen. In der erweiterten Mittelfrist zeigt GFS
ähnlich Sprünge wie ECMWF.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMWF-Rauchfahnen zeigen einen deutlichen Temperaturanstieg im Laufe des
Dienstag. Streuen aber bereits ab Mittwoch stärker bei Werten um den
Gefrierpunkt, was die Vorhersage der Niederschlagsphase schwierig macht. Die
Niederschlagssignale nehmen mit großen Unsicherheiten in der 2. Wochenhälfte
deutlich zu. Beim Geopotential zeigt sich dann ebenfalls eine starke Streuung,
die am Wochenende noch weiter zunimmt. Wobei in den neuen ENS mehr kältere Läufe
zu finden sind. Der Hauptlauf liegt dann im Geopotential und bei der
850hPa-Temperatur am unteren Rand der ENS.
Die GFS-ENS sehen ab Donnerstag noch chaotischer aus. Der ENS-Mittelwert liegt
dabei stets etwas unter dem Durchschnitt.

Die Clusteranalyse ist wenig hilfreich, da sich die einzelnen Cluster in der
erweiterten Mittelfrist schon in der gesamten nordhemisphärischen Zirkulation
stark unterscheiden.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Nordwestrutsche in der 2. Wochenhälfte
sicher ist. Die Detailprognose ist jedoch schwierig, da Phasenlage der Tröge,
850-hPa-Temperaturen und Niederschlagsmenge und Phase im Detail in Deutschland
noch größere Unsicherheiten bergen. Ab Wochenende ist die Lage äußerst unsicher.
Der schwache Trend hin zu einer erneuten stärkeren Abkühlung, den die neuen
Modelle und ENS bringen, sollte sich erst in den nächsten Läufen festigen, ehe
er in den Vorhersagen verfolgt wird. Bis dahin werden die ENS-Mittel für die
erweiterte Mittelfrist für die Vorhersagen herangezogen. Die gestörte
nordhemisphärische Zirkulation favorisiert aber weiterhin Blockadelagen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Niederschlagsphase und Intensität sind ziemlich unsicher. Nach mehreren
ENS-Mitgliedern ist von Mittwochabend bis Donnerstagmorgen vorwiegend im
Bergland gefrierender Regen möglich. Ab Mittwoch sind Sturmböen an der Ostsee
möglich.
Im weiteren Verlauf zeigen einige ENS-Member stärkere Schneefälle im
Nordweststau der Mittelgebirge.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-ENS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold