Thema des Tages

19-11-2016 14:40

Atlantische Tiefs bringen stürmisches Wetter


In der ersten Hälfte des diesjährigen Novembers sorgte die Zufuhr
kalter Luftmassen aus dem Norden und Nordosten Europas zumindest
zeitweise in Deutschland für einen frühwinterlichen Charakter, teils
mit Schneefall und Glätte bis in tiefe Lagen. Mittlerweile haben
wieder atlantische Tiefdruckgebiete die Regie des Wetters übernommen
und damit einen deutlich milderen, aber mitunter stürmischen
Witterungsabschnitt eingeleitet.

So erstreckt sich seit vergangenem Dienstag ein umfangreicher
Tiefdruckkomplex über den Norden und Nordwesten Europas, mit
Schwerpunkt meist über dem Seegebiet zwischen Island und Norwegen.
Dabei reicht der Einfluss des Tiefs etwa vom Europäischen Nordmeer
bis zu den Alpen. Deutschland befindet sich somit an der Südflanke
des Tiefs. Da Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel entgegen dem
Uhrzeigersinn umströmt werden, gelangt mit einer westlichen bis
südwestlichen Strömung relativ milde Meeresluft zu uns.

Am Rande dieses Tiefkomplexes entwickelte sich am vergangenen
Donnerstag über Großbritannien ein sogenanntes Randtief mit dem Namen
"Mirja", das unter Intensivierung am gestrigen Freitag über die
Nordsee hinweg Richtung Südnorwegen zog. Dadurch verschärfte sich der
Luftdruckgegensatz zwischen dem Tief über der Nordsee (Kerndruck 980
hPa) und einem Hoch über dem Mittelmeerraum und Osteuropa (Luftdruck
etwa 1020 hPa), was hierzulande mit deutlich auffrischendem Wind
einherging, der zunächst vor allem im Bergland zu spüren war. Mit
Passage der Kaltfront von Tief "Mirja" kam es dann teilweise bis in
tiefe Lagen zu Sturmböen, örtlich sogar zu schweren Sturmböen oder
orkanartigen Böen. So meldete beispielsweise die Station
Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen in den Frühstunden eine Böe von
112 km/h (Bft 11). In Werl (NRW) wurden wenig später 94 km/h (Bft 10)
gemessen, ebenso kräftig war der Wind am späten Vormittag im
sächsischen Chemnitz.

Tief "Mirja" wird heute Richtung Nordmeer abziehen und somit den
Einfluss auf unser Wetter verlieren. Allerdings entwickelt sich
derzeit über dem Nordatlantik ein weiteres Sturmtief, das den Namen
"Nannette" trägt. Dieses Tief wird in der kommenden Nacht zum Sonntag
die Südwestspitze Englands erreichen und bis Sonntagmittag über den
Süden Englands hinweg Richtung Nordsee ziehen. Dabei weist es einen
Kerndruck von 975 hPa auf.

So treten in der kommenden Nacht erste Sturmböen im Bereich des
Ärmelkanals auf, bevor das Sturmfeld am Sonntagvormittag auch auf
Deutschland übergreift. Aufgrund der Zugbahn des Tiefs wird der
kräftige Wind dann vor allem im Westen und Nordwesten Deutschlands
auftreten, sodass vor allem von der Mosel über Nordrhein-Westfalen
hinweg bis zur Nordsee zeitweise mit starken bis stürmischen Böen
(Bft 7 bis 8), vereinzelt auch mit Sturmböen (Bft 9) gerechnet werden
muss. In den Gipfellagen der westlichen Mittelgebirge und auf den
nordfriesischen Inseln sind teils schwere Sturmböen (Bft 10), auf dem
Brocken sogar Orkanböen (Bft 12) aus südlichen Richtungen zu
erwarten. Im Osten und Süden Deutschlands wird hingegen aufgrund der
Entfernung zu Tief "Nannette" kaum eine Windzunahme zu spüren sein.
Ausnahme ist der Alpenraum, denn zwischen hohem Luftdruck über
Italien und dem tieferen Luftdruck auf der Nordseite der Alpen stellt
sich morgen ein kräftiger Südföhn ein. Dabei treten in den
Gipfellagen Böen bis hin zur Orkanstärke auf. Bei Föhndurchbruch sind
auch in den Föhntälern der Alpennordseite starke bis stürmische Böen
möglich.

In der Nacht zum Montag wird Tief "Nannette" weiter nordostwärts
Richtung Skandinavien abziehen, sodass der Wind im Laufe der Nacht
wieder deutlich nachlässt. Nach Abzug von Tief "Nannette" geht es in
der neuen Woche deutlich ruhiger weiter.


Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.11.2016

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