DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-11-2016 21:00
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.11.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Warmfrontpassage mit Gefahr von gefrierendem Regen und Glatteis.
An Nord- und Ostsee und auf exponierten Bergen mitunter stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland weitestgehend unter einem Höhenrücken in 500 hPa,
der sich von den Azoren über Frankreich und die Britischen Inseln bis nach
Südskandinavien erstreckt. Auf seiner Vorderseite dominiert eine nördliche
Höhenströmung, die nur eine leicht antizyklonale Krümmung aufweist. Im
Bodendruckfeld ist eine mit dem Rücken korrespondierende Hochdruckzone zu
erkennen, die ihren Schwerpunkt ebenfalls bei den Azoren hat. Diese ist über
eine Brücke, die über Frankreich und den Alpenraum nach Osten ausgreift, mit
einem Gebiet hohen Luftdrucks über dem Balkan verbunden. Vor allem über der
Nordsee und dem Norden Frankreichs wird diese Hochdruckzone eingedrückt, was
tiefem Luftdruck über dem Nordatlantik geschuldet ist. Hier dominiert ein
kleinräumiges, aber kräftiges Tief, das aktuell südöstlich von Island liegt und
sich in der Nacht nach Nordosten verlagert. Ein weiteres, alterndes Tief ist bei
Grönland auszumachen, welches mit dem atlantischen über eine schwach ausgeprägte
Okklusion verbunden ist. Für uns interessanter sind die Frontensysteme über der
Nordsee, die sich vor allem aus der in besagte Okklusion übergehenden bzw. aus
besagter Okklusion hervorgehender Warmfront und der zugehörigen Kaltfront
zusammensetzen. Letztgenannte wird rasch rückläufig und führt als Warmfront zum
Islandtief. Dieses beginnt in der Nacht zu okkludieren, die Kaltfront greift
dabei in der Nacht von Nordwesten bis in die Mitte der Britischen Inseln aus.
Währenddessen greift die erste Warmfront auf den Nordwesten über und erreicht
ausgangs der Nacht etwa eine Linie Saar-Mecklenburg. Die zweite Warmfront,
ausgangs der Nacht im ThetaAe-Feld schon als dominierende Struktur zu erkennen,
greift zum Morgen auf das Emsland über. Schon die erste Warmfront bringt aber
Niederschläge, die bis zum Morgen etwa eine Linie Rheinland-Pfalz - Vorpommern
und bei denen insbesondere das Abschätzen der Phase eine Herausforderung
darstellt. Die deutschen Modelle setzen hier, im Gegensatz zu den externen, sehr
stark auf die feste Phase, anfangs als Schnee, später als gefrierenden Regen.
Schon die Schneephase ist mit größeren Fragezeichen verbunden, haben die Temps
doch einen sehr "warmen Fuß", der recht rasch ein völliges Schmelzen des
Niederschlages als wahrscheinlich erscheinen lässt. Bedenkt man darüber hinaus,
dass die deutschen Modelle schon die Mittagstemperaturen um bis zu drei Grad zu
niedrig eingeschätzt haben, so spricht auch dies für ein überschätzen der festen
Phase als Schnee oder gefrierender Regen. Letztendlich erscheinen zwei Szenarien
für Schnee und/oder gefrierenden Regen als plausibel: Das Fallen auf noch von
den Vortagen durchgefrorenen Boden oder das Fallen in eine schon ausgekühlte
Grundschicht - und diese Gebiete könnten in der kommenden Nacht durchaus
deckungsgleich sein. Speziell ein Streifen von Vorpommern bis nach Hessen
erscheint hier gefährdet, haben diese Gebiete doch eine "kalte" Vorgeschichte
und obendrein voraussichtlich genug Zeit, um vor der aufziehenden
Warmfrontbewölkung noch auszukühlen. Weiter westlich sind die Böden oft recht
warm, die 850er Temperaturen in der Nacht schon recht hoch (plus 2 Grad bei
allen Modellen) und damit könnte sich auch die "Festphase-Problematik" auf das
höhere Bergland beschränken. Hinzuzufügen ist noch, dass die Niederschlagsmengen
in den gefährdeten Gebieten bei 1 bis 5 mm liegen und damit durchaus für
Unwetter ausreichend sind.

Mit dem übergreifen der Warmfront auf die Mitte lebt auch der Wind auf, dabei
sind an den Küsten und im Bergland steife bis stürmische Böen möglich,
entsprechendes signalisieren auch die Wahrscheinlichkeiten aus PEPS und LEPS.
Vom Süden Brandenburgs bis an die Alpen und nach Baden-Württemberg bleibt es
trocken. Dort ist verbreitet mit leichtem, auf den Hochlagen und lokal auch im
Flachland mit mäßigem Frost zu rechnen, darüber hinaus bildet sich gebietsweise
Nebel.

Dienstag ... greift der Höhenrücken weiter nach Südosten aus. Seine Achse
überquert uns von Nordwest nach Südost, sie liegt ausgangs der Nacht zu Mittwoch
mit südwest-nordöstlicher Ausrichtung etwa über Oberbayern und der Rücken
reduziert im Zuge der ablaufenden Prozesse deutlich seine Amplitude. Die beiden
Warmfronten laufen mehr und mehr zusammen, so dass sie abends nur noch im Feld
der 750er-Feuchte, aber nicht mehr im ThetaAe-Feld als getrennte Struktur zu
erkennen sind. Darüber hinaus greift von der Nordsee her die Kaltfront zügig
nach Südosten aus, bis zum Abend erreicht sie etwa die Mittelgebirgsschwelle,
bis zum Abend die Mainlinie, womit auch der Okklusionsprozess des Frontensystems
schnell von statten geht. Die Warmfront(en) erreich(t/en) bis zum Abend den
Süden, in der Nacht auch die Alpen, wobei die vorlaufenden Niederschläge
entsprechende rascher auf die entsprechenden Gebiete übergreifen, so dass es
schon zum Abend hin bis ins Berchtesgadener Land zu Schnee, Regen oder
gefrierendem Regen kommt. Dies gilt zumindest für die deutschen
Vorhersagemodelle, die externen (GFS, EZMW, EURO4) sagen die Verlagerung der
Niederschläge etwas langsamer vorher. Bei allen Modellen bleibt aber, wie die
obige Formulierung schon andeutet, dass die Frage nach der Niederschlagsphase
weiter im Vordergrund steht. Vor allem ausgangs der Nacht und in den Früh- und
Vormittagsstunden erscheint ein Streifen besonders gefährdet, der in der Nacht
noch stark auskühlen kann. Dieser verläuft von Südbrandenburg und Ostsachsen bis
nach Südhessen und ins nördliche Baden-Württemberg. Die Modelleinschätzung eines
breit angelegten Streifens mit gefrierendem Regen, wie ihn die Deutschen Modelle
in ihren Pseudo-Synops zeigen, erscheint glaubwürdiger als zum Abend und mit
Beginn der aktuell bevorstehenden Nacht. Letztendlich zeigen alle Modelle einen
"kalten Fuß" und darüber eine ausgeprägte "warme Nase", und selbst wenn die
bodennahen Temperaturen im positiven Bereich liegen sollten, was ob des Windes
und der guten Durchmischung in den Vormittagsstunden durchaus denkbar ist, so
sind doch die Böden gefroren, so dass dieser Fakt für die gefrierende Phase
spricht. Und wie schon am Vortag reichen auch die Niederschlagsmengen, die in
den jeweiligen "Gefährdungsbereichen" bei allen Modellen bei bis zu 5 mm in 6
Stunden liegen, auch wieder für Unwetter. Ob und wie weit der gefrierende Regen
am Tage in den Süden ausgreift, darüber kann trefflich spekuliert werden. Auch
am Nachmittag gefährdet scheinen insbesondere höhere Lagen in Ostbayern und
windgeschützte Lagen im Flachland, wo mögliche Kaltluftseen nicht oder nur
unzureichend "weggeräumt" werden können. Ansonsten sorgt der mit dem Verlagern
der Front(en) nach Süden auflebende Wind, wie schon gesagt, für Durchmischung.
Mit der über dem Norden nach Osten abziehenden Okklusion lässt der Wind erst an
der Nordsee, später auch an der Ostsee, ab, so dass in der Nacht nur noch die
Hochlagen der Mittelgebirge mit starken bis stürmischen Böen rechnen müssen. In
der Nacht zu Mittwoch beginnt die Front im Süden zu wellen, worauf vor allem die
deutschen Modelle und Euro 4 mit kräftigen Regenfällen reagieren. Zusammen mit
den Regenfällen des folgenden Vormittages scheint Dauerregen nicht gänzlich
ausgeschlossen, wobei die Modelle bisher einen Respektabstand zu den
entsprechenden Schwellen halten. Schnee ist zu diesem Zeitpunkt bei
Schneefallgrenzen über 2000 Meter kein Thema, und auch die Nebel- und
Frostproblematik sollte sich in der Nacht zu Mittwoch weitestgehend, mit
Ausnahme der Hochlagen, erledigt haben.

Mittwoch ... zieht der Rücken weiter nach Südosten und verlässt damit
Deutschland. Die Höhenströmung wird allgemein bei einem zonalen Grundmuster
zyklonaler, was einem Langwellentrog über dem Nordatlantik geschuldet ist, der
schon im Tagesverlauf auf Nordwesteuropa, in der Nacht zu Donnerstag auch auf
den Norden Deutschlands übergreift. Das zugehörige, kräftige Tief bei Island
sorgt dabei auch bodennah für eine forsche westliche bis südwestliche
Grundströmung. Damit wird vor allem in die Mitte und den Süden milde Luft
transportiert, die 850er Temperaturen liegen am Tage und auch in der Nacht
allgemein über null Grad, in der Mitte teils um 6 Grad. Dabei wellt der über dem
Süden liegende Frontenzug weiter, was für länger anhaltende und teils ergiebige
Regenfälle sorgt, die aber nach einheitlicher Einschätzung aller Modelle aktuell
nicht warnwürdig sein werden. Mit der strammen westlichen Strömung frischt
natürlich auch der Wind auf, im Küstenumfeld und in den Mittelgebirgen muss mit
steifen, vereinzelt auch mit stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden.


Donnerstag ... befindet sich Deutschland weiterhin auf der Südflanke des
mächtigen Sturmtiefkomplexes mit Zentrum über dem Nordmeer und liegt damit auch
weiterhin in einer lebhaften westlichen Strömung, wobei in den küstennahen
Regionen sowie im Bergland stürmische Böen oder Sturmböen, auf Berggipfeln
schwere Sturm- oder orkanartige Böen zu erwarten sind. Dabei wird wie schon am
Vortag sehr milde Meeresluft herangeführt. Im Süden halten sich weiterhin die
Reste der wellenden Warmfront, die aufgrund der fehlenden frontsenkrechten
Komponente keine großen Verlagerungstendenzen aufweist, andererseits aber
mangels deutlicher Hebungskomponenten aus der Höhe auch keine überbordende
Wetteraktivität an den Tag legt. Vor Norden greift allerdings ein neues
Frontensystem auf Deutschland über, so dass es auch dort wechselhafter mit
verbreiteten Regenfällen wird.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren den erwarteten Wetterverlauf recht ähnlich. Unterschiede,
auch mit Auswirkungen auf das Warnmanagement, ergeben sich aus der
Verlagerungsgeschwindigkeit der Warmfront, die bei den Deutschen Modellen
rascher vorankommt als bei den externen Modellen. Ansonsten wurde auf
Modellunterschiede, Modellunwägbarkeiten und Modellzweifel im Text hingewiesen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas