DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 050800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute im Schwarzwald Dauerregen, an der Nordsee Gewitter. In der weiteren
Entwicklung allmähliche Zunahme winterlicher Warnparameter, zunächst im
Bergland, später auch zunehmend bis in tiefe Lagen. An der See teils stürmischer
Nordostwind.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... große Teile von Europa liegen im Einflussbereich eines umfangreichen
Trogkomplexes, dessen Hauptachse in Südwest-Nordost-Richtung orientiert von den
Kanaren über die Bretagne bis nach Südskandinavien reicht. Deutschland und das
Vorhersagegebiet befinden sich damit auf der Trogvorderseite, die sich durch
eine lebhafte südwestliche Strömung auszeichnet, die sich sowohl im
Isohypsenfeld, als auch bei den Höhenwinden erkennen lässt.

Auf der Trogvorderseite sind kurzwellige Störungen eingelagert, wovon eine für
die heutige Wetterentwicklung in der Südhälfte des Landes von Interesse ist. Das
Steuerzentrum des umfangreichen Bodentiefs befindet sich zum Mittagstermin vor
Jütland. An seiner Südflanke hat sich unterstützt durch die angesprochenen
kurzwelligen Anteile ein Randtief gebildet, an dem durch mithilfe des Gradienten
im Theta-Feld ein zweites Frontensystem eingebettet ist. Das Tiefzentrum liegt
derzeit noch über Südfrankreich, sodass vorderseitig über Süddeutschland WLA
aktiv ist.

Zudem sorgt die Randtiefbildung dafür, dass die Strömung am Alpenrand eine
stärkere südliche Komponente bekommt, sodass sich der Föhn auch noch etwas
verstärken kann und auf den Alpengipfeln mit Bft 9 bis 10 aus Süd bläst und die
Höchstwerte lokal bis 18 Grad nach oben treiben kann. Es ist zudem nicht
ausgeschlossen, dass der Föhn zeitweise bis in die angrenzenden Täler mit Bft 7
ausgreifen kann. Auch sonst sorgt der recht lebhafte Gradient im mittleren
Druckniveau dafür, dass zumindest auf den Berggipfeln zeitweise Böen bis
Sturmstärke auftreten können (Feldberg/Schw., Brocken, Fichtelberg...). Im
flachen Land sorgt die Randtiefbildung in Kombination mit der stabilen
Schichtung eher dafür, dass der Wind im Tagesverlauf etwas raus geht.

Neben dem Wind steht zudem der Niederschlag auf der Tagesordnung, dieser greift
im Zuge der Verlagerung des Randtiefs in den Vormittagsstunden von Südwesten her
auf Deutschland über und breitet sich nordostwärts aus. Dabei kann es länger
anhaltend regnen. Im Schwarzwald kommt dann auch noch der klassische Anstau
infolge der südwestlichen Strömungskomponente hinzu. Nicht überraschend werden
daher bis in die Nacht auf Sonntag hinein 24stündig Warnschwellen für markanten
Dauerregen überschritten. Dabei konzentriert sich der Schwerpunkt am ehesten auf
den Südschwarzwald, wo COSMO-LEPS punktuell sogar geringe Wahrscheinlichkeiten
für eine Überschreitung der Unwetterschwelle von 50 l/qm in 24 h zeigt. Die
Warnungen wurden entsprechend passend herausgegeben. Der Nordschwarzwald ist
hingegen nur am Rande betroffen und die 30 l/qm Schwelle wird entsprechend wohl
nur punktuelle getroffen werden.

Im Laufe des Nachmittages und Abends verlagert sich das Randtief ostwärts über
Süddeutschland hinweg, sodass von Westen her nachfolgend seine Kaltfront
übergreifen kann. Damit bricht der Föhn allmählich von Westen her zusammen. In
Südostbayern wird es aber noch bis zum Abend zumeist trocken und zeitweise
föhnig aufgelockert sein.

Abseits der Randtiefentwicklung gestaltet sich das Wetter im Tagesablauf wenig
spektakulär und vor allem in Richtung Niederrhein und Ems kann sich auch die
Sonne zeigen. Im Nordwesten greift in der zweiten Tageshälfte der Haupttrog
über, wobei sich in Richtung Jütland ein eigenständiges Höhentiefzentum bilden
kann. Mit der dadurch einfließenden Höhenkaltluft (T500: -30 Grad) kommt es zu
einer deutlichen Labilisierung. Unterstützt durch das warme Meerwasser sind in
Nordseenähe entsprechend einzelne Gewitter möglich. Der Wind in 850 hPa ist
allerdings nur wenig ergiebig, sodass damit verbundene Windböen wohl eher die
Ausnahme sein sollten.

In der Nacht auf Sonntag kommt die Kaltfront verbunden mit einer
Druckanstiegswelle ostwärts voran, sodass der Föhn auch am östlichen Alpenrand
zusammenbricht. Dadurch setzt im gesamten Süden länger anhaltender Niederschlag
ein. Die Temperatur in 850 hPa sinkt bis zum Morgen nur langsam in Richtung
0-Grad Grenze, sodass auch die Schneefallgrenze nur allmählich absinkt. Zum
Morgen liegt sich am westlichen Alpenrand bei 800 m, am östlichen Alpenrand bei
1000 m. In den höheren Lagen muss man sich dann auf winterliche
Straßenverhältnisse einstellen. Der Dauerregen im Schwarzwald lässt nach und
hört in der zweiten Nachthälfte weitgehend auf.

In Richtung Nord- und Ostsee sorgt die Höhenkaltluft in Verbindung mit dem Trog
für Schauer und auch einzelne Gewitter, wobei die Aktivität in der zweiten
Nachthälfte etwas nachlässt, da die Temperatur in 850 hPa etwas ansteigen kann.

Im großen Rest des Landes bleibt es von wenigen kurzen Schauern abgesehen häufig
trocken. Meist dominieren zwar die Wolken infolge der feuchten Luftmassen,
zeitweise kann die Wolkendecke aber auch Lücken bekommen. Die Temperatur geht
auf 6 bis 1 Grad zurück, sodass in tiefen Lagen Glätte kein Thema sein sollte,
was auch die SWIS-Prognosen zeigen. In höheren Lagen (ab etwa 600 m) kann es bei
Tiefstwerten um oder leicht unter dem Gefrierpunkt durchaus glatt werden, sodass
man sich dort zum Teil auf winterliche Verkehrsbedingungen einstellen muss.

Zu guter Letzt bleibt noch der Wind zu erwähnen. Dieser lässt zwar insgesamt
nach, weht aber anfangs in den Gipfellagen in Böen noch teils stark bis
stürmisch aus Südwest.


Sonntag... steilt der Trog zunehmend auf und amplifiziert sich dabei. Die
Haupttrogachse ist zwar weiter über Westeuropa zu finden, ein Randtrog hat sich
aber bereits in den Westen und Südwesten des Landes geschoben. Dementsprechend
dreht dort die Höhenströmung auf westliche Richtungen, während sich im Osten von
Deutschland noch aus Südwest kommt.

In der Nordwesthälfte sorgt der Randtrog im Tagesverlauf für Schauer. Auch ein
kurzes Gewitter ist in Richtung Nordsee und Emsland nicht gänzlich
ausgeschlossen, insgesamt sollte das aber die Ausnahme bleiben, da der vertikale
Temperaturunterschied zwischen 500 und 850 hPa eher moderat ist.

Im Süden und Südosten hält der Niederschlag noch längere Zeit an. Es gibt auch
zaghafte Hinweise in den EPSen, dass die markante Dauerregenschwelle angekratzt
werden könnte. Angesichts der sinkenden Schneefallgrenze sollte man allerdings
von einer Warnung diesbezüglich Abstand nehmen und stattdessen verstärkt den
Fokus auf Schneefall richten. Die Schneefallgrenze sinkt im Tagesverlauf infolge
der einfließenden kälteren Luftmassen, aber auch gestützt durch die
Niederschlagsabkühlung auf 600 m, sodass am Alpenrand der Regen bis in tiefere
Lagen in Schnee übergeht. In höheren Lagen sind 12 stündig nach dem Median der
EPSe durchaus Mengen oberhalb von 10 mm als Schnee möglich, PEPS zeigt sogar
punktuell mehr als 15 mm. Eine (markante) Schneefallwarnung für mittlere und
insbesondere höhere Lagen erscheint entsprechend nach heutiger Modelllage
notwendig.

Die Höchstwerte liegen auf ganz Deutschland bezogen meist zwischen 4 und 9 Grad.
Gerade im Süden des Landes sinken die Werte im Tagesverlauf immer weiter ab. Der
Wind weht in den Gipfellagen noch stark, exponiert auch stürmisch aus Südwest.
Sonst ist Wind nur auf den nordfriesischen Inseln und auf der offenen Nordsee
eine Thema (Bft 7) und kommt dort aus Ost.

In der Nacht auf Montag greift der Haupttrog mit seiner Achse nun vollends auf
Deutschland über. Entsprechend nimmt auch der Zustrom höhenkalter Luft zu. Die
Temperatur in 500 hPa sinkt vielerorts bis zum Morgen auf -32 Grad. Demzufolge
sind nach einigen anfänglichen Auflockerungen spätestens in der zweiten
Nachthälfte verstärkt schauerartige Niederschläge möglich, wobei die
Schneefallgrenze weiter absinkt. Am Morgen liegt sie bei etwa 400 m, wobei es in
kräftigeren Schauern vorübergehend auch noch weiter nach unten die feste Phase
geben kann.

Die Nachttemperatur sinkt auf Werte zwischen 0 und 3 Grad. In mittleren und
höheren Lagen gibt es leichten Frost. Am Boden sind überall Werte um den
Gefrierpunkt möglich. Die Frage ist, inwieweit die noch verstärkten
Auflockerungen in der ersten Nachthälfte dafür ausreichen, dass es zu Glätte
kommt. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass man in der Nacht auf Montag
verstärkt die Glätte mit im Fokus haben sollte.

Mit der Verlagerung der Schwerpunkt des Bodentiefs etwas weiter nach Süden,
kommt der äußerste Norden des Landes zunehmend auf die Nordflanke des Tiefs und
damit in den Einfluss eines stärkeren Gradienten, sodass Böen Bft 7 häufiger
auftreten. Exponiert sind dann auch Böen Bft 8 aus Nordost möglich.

Montag... verlagert sich die Trogachse weiter ostwärts, sodass große Teile des
Landes auf die Trogrückseite gelangen. Dementsprechend dreht die Höhenströmung
auf nördliche bis nordwestliche Richtungen. Damit gelangen allmählich kältere
Luftmassen (T850 < -5 Grad) in den Norden des Landes und breiten sich nachfolgen
südwärts aus. Über Dänemark ist bereits die -10 Grad Marke zu verzeichnen.

In 500 hPa ist weiterhin Höhenkaltluft aktiv. Die Werte liegen dort zwischen -30
und -33 Grad. Dementsprechend ist im Tagesverlauf mit wiederholten
schauerartigen Niederschlägen zu rechnen. Die Schneefallgrenze liegt in der
Mitte bei etwa 400 m. Im Tagesverlauf sinkt sie im Norden bis ins Flachland ab,
sodass man dort von einzelnen kurzen Schneeschauern nicht überrascht sein - die
aber freilich nicht liegen bleiben. Der meiste Niederschlag wird aber wohl
entlang der Grenze zur Nach Süden vorstoßenden Kaltluft (rückseitige Okklusion
des Bodentiefs über Osteuropa) und damit über der nördlichen Mitte auftreten.

Im Süden liegt man noch in einer eher westlichen Strömungskomponente mit
zeitweiligen Auflockerungen und nur wenig Niederschlag. Einzig direkt am
Alpenrand fällt weiterhin etwas Neuschnee.

Warntechnisch interessant ist noch der Wind im Norden. Dieser nimmt in Folge des
sich verschärfenden Luftdruckgradienten noch weiter zu. Böen Bft 7 / 8 sollten
in Küstennähe keine Seltenheit sein, wobei exponiert auch eine Sturmböe (Bft 9)
nicht ausgeschlossen werden kann.

In der Nacht auf Dienstag verbleibt Deutschland unter Trogeinfluss, auf dessen
Rückseite nun auch Schleswig-Holstein die -10 Grad Isotherme in 850 hPa
erreicht. In Richtung Südosten verbleibt man zunächst noch knapp auf der
Vorderseite der positiv geneigten Trogachse. Die Temperatur in 500 hPa geht auf
bis zu -34 Grad zurück, sodass auch in der Nacht weitere konvektiv verstärkte
Niederschläge vor allem über der breiten Mitte, zum Teil aber auch im Süden zu
erwarten sind. Ganz im Norden fließen hingegen etwas trockenere Luftmassen ein,
wenngleich ein Schauer nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Zudem zeigen sich
dort zeitweise Auflockerungen.

Die Schneefallgrenze sinkt weiter ab, sodass Schnee bis zum Morgen auch in der
Mitte des Landes bis ganz nach unten nicht ausgeschlossen ist. An den Küsten
sollten mit einer gewissen Seekomponente des Windes auch Schauer in Folge eines
Lake-Effektes nicht ganz ausgeschlossen werden (In Böen weiter Bft 7 aus
Nordost). Dann kann sich dort entsprechend eine Schneedecke ausbilden und
Glätte wäre die Folge. Auch sonst gehen die Tiefstwerte häufig auf Werte unter
den Gefrierpunkt - in Ballungszentren bis +1 Grad - zurück, sodass häufig mit
Glätte und dadurch winterlichen Straßenbedingungen zu rechnen ist. Nur in
bevorzugten Flussniederungen sollte man da noch drum herum kommen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelllage ist sich die kurzfristige Entwicklung betreffend einig. Insofern
kann die oben beschriebene Entwicklung mit kleineren Unsicherheiten als
gesichert betrachtet werden. Natürlich stellt sich aber die Frage wo
insbesondere in der Nacht auf Dienstag die feste Phase bis ganz nach unten
durschlägt. Diese lässt sich aber aufgrund des konvektiven Charakters der
Niederschläge zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer