Thema des Tages

17-10-2016 14:40

Stürme im Herbst - wieso, weshalb, warum?

Vor gut zwei Wochen läutete das Tief "Walpurga" den Herbst nach einer
lang andauernden, ruhigen, spätsommerlichen Hochdrucklage mit
windigem und spürbar kühlerem Regenwetter ein. Dabei wurden an den
Küsten Böen der Stärke 8 (stürmischer Wind, 62-74 km/h) und auf den
Nordseeinseln Böen bis Stärke 9 (Sturm, 75-88 km/h) gemessen. Im
angrenzenden Binnenland traten hingegen nur noch Böen der Stärke 6
bis 7 (starker bis steifer Wind, 39-61 km/h) auf, während es auf dem
Gipfel des Brockens immerhin Böen bis zu einer Stärke von Beaufort 10
(schwerer Sturm, bis zu 102 km/h) gegeben hat. Dabei handelte es sich
jedoch nicht um eine ausgesprochene Sturmwetterlage. Die hat es in
diesem Herbst nämlich noch nicht gegeben.

Dass gerade in den Herbst- und Wintermonaten immer wieder
Tiefdruckgebiete, teilweise mit Böen bis Orkanstärke, über Teile
Europas hinwegziehen, liegt an den zu diesen Jahreszeiten besonders
ausgeprägten Temperatur- und Luftdruckunterschieden.

Während die Wassertemperaturen des Atlantiks im Herbst noch recht
hoch sind, beginnt es bereits im Norden Europas deutlich abzukühlen.
Diese starke Temperaturdifferenz wirkt sich wiederum auf die
sogenannte "Polarfront" aus, die den Grenzbereich zwischen warmen
Luftmassen der südlichen und kalten Luftmassen der nördlichen Breiten
abbildet und sich bis in höhere Atmosphärenschichten wellenförmig um
die gesamte Nordhalbkugel erstreckt. Während die Polarfront im Sommer
weiter im Norden liegt, verschiebt sich dieser Übergangsbereich in
der kalten Jahreszeit mit dem Stand der Sonne mehr nach Süden. Mit
ihr verbunden sind starke Westwinde (siehe auch "Jetstream" unter
www.dwd.de/lexikon), die rund um die Nordhalbkugel auftreten.
Äquivalent dazu existiert auch auf der Südhalbkugel eine solche
Polarfront. Der zweite Aspekt, der für die Entstehung von Stürmen
wichtig ist, sind die gleichzeitig vorhandenen Luftdruckunterschiede.
Treffen über einer Region eines Ozeans kalte und warme Luftmassen
aufeinander, kommt es zu einem Aufgleiten der leichteren Warmluft
über die schwerere, kalte Luftmasse. Während des Aufgleitens kühlt
die Luftmasse ab und kondensiert schließlich, woraufhin es zur
Bildung von Wolken und Niederschlägen kommt. Die dabei frei werdende
Kondensationswärme (siehe auch "Latente Wärmeenergie" im
Wetterlexikon) bewirkt eine zusätzliche Verstärkung des
Luftauftriebs. Durch die aufsteigenden Luftmassen muss am Boden
weitere Meeresluft nachströmen. Da gleichzeitig in der Höhe jedoch
immer mehr Luft nach außen strömt, fällt der Luftdruck am Boden
weiter ab. Je tiefer dabei der Luftdruck im Zentrum einer sogenannten
"Zyklone" (Tiefdruckgebiet) absinkt, desto größer wird der
Unterschied zum Umgebungsluftdruck. Dieser Druckunterschied lässt
sich anhand der Drängung von Linien gleichen Luftdrucks (Isobaren)
erkennen. Je enger diese beieinanderliegen, desto höher ist auch die
Windgeschwindigkeit. Mit der Strömungsrichtung der Polarfront werden
diese Tiefdruckgebiete dann in östliche Richtung nach Europa gelenkt
(Westwinddrift).

Bei der zurzeit vorherrschenden Wetterlage spielt der Wind erst
einmal keine Rolle. Erst in der Nacht zum Mittwoch frischt dieser bei
Annäherung von Tief "CHRISTA" wieder auf. Betroffen werden dann aber
erneut die Nordseeküste und das höhere Bergland sein. Ein klassischer
Herbststurm ist jedoch weiterhin nicht in Sicht.

Stud. Geogr. Marc Senzig; MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.10.2016

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