DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-10-2016 09:00
SXEU31 DWAV 140800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 14.10.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEz (Südost zyklonal)

An und in den Alpen Föhn, kommende Nacht von Westen her nachlassend. Sonst an
der Küste und in einigen Mittelgebirgen windig, in Böen teils stürmisch. Am
Wochenende zunehmend ruhiges Wetter, in der Nacht zum Sonntag aber vielerorts
Nebel.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... hat die großräumige Potenzialverteilung mittlerweile ein anderes,
deutlich meridionaleres Muster angenommen als die Tage zuvor. Dabei befindet
sich Deutschland vorderseitig eines langwelligen Trogkomplexes über Westeuropa
und dem nahen Ostatlantik, in dem das Hauptdrehzentrum knapp westlich von Irland
positioniert ist. Als Gegenpol fungiert ein langgestreckter Höhenrücken, dessen
Achse heute früh etwa auf einer Linie Ionisches Meer-Polen-Norwegische See
liegt. Sowohl der Trog als auch der Rücken zeigen heute wenig bis keine
Verlagerungstendenz, wenn man mal davon absieht, dass ein derzeit bis nach
Norddeutschland gerichteter Randtrog nordwärts abzieht, wodurch die
Höhenströmung über dem Vorhersageraum zusehends auf glatt Süd dreht. Dabei
dauert die gesamttroposphärische WLA an, so dass große Teile des Landes am
Tagesende unter einer "+10°C-und-mehr-Blase" in 850 hPa liegen. Im Alpenvorland
wird föhnbedingt sogar die 15°C-Marke überschritten. Allerdings wird sich die
niedertroposphärische Warmluft bei stabilen Verhältnissen nicht überall
durchsetzen, insbesondere im N und O nicht, wo der nach wie vor flotte östliche
Wind dagegenhält und weiterhin kühle Luft advehiert, in der es auch heute nicht
wärmer als 8-13°C wird.
Beim Blick auf die Bodenwetterkarte fällt nach wie vor das umfangreiche Hoch
PETER über Nordeuropa ins Auge, von dem aus ein Keil bis hinunter zum Balkan
reicht. Auch das Bodenhoch hat einen Gegenspieler in Form einer Tiefdruckrinne,
die ausgehend von einem Tief westlich von Irland über Frankreich hinweg bis zum
westlichen Mittelmeer reicht. Sie schwenkt von dort langsam ost-nordostwärts, so
dass der W und SW Deutschlands zunehmend in den gradientschwachen Bereich dieser
Rinne gelangen. Anders die Situation weiter nördlich und östlich, wo der
Gradient deutlich schärfer ist und sich laut Numerik sogar noch etwas verstärken
soll, wogegen allerdings die heute Morgen beobachteten, relativ gleichmäßig über
das Land verteilten und bis weit ins Hoch hineinreichenden fallenden
Drucktendenzen sprechen. Ohnehin muss man sagen, das sowohl die
deterministischen als auch die probabilistischen Prognoseverfahren bei der
aktuellen Wetterlage bisher eher zu forsch, sprich mit zu starken Böen ans Werk
gegangen sind, was man in die Überlegungen zur heutigen Warnstrategie durchaus
mit einfließen lassen sollte.
Unstrittig ist freilich die Tatsache, dass wir es in den Alpen mit einer
Föhnsituation zu tun haben, bei der auf den hochgelegenen Gipfeln Böen bis
Orkanstärke (11-12 Bft) aus Süden auftreten werden und auch schon aufgetreten
sind. Schwerer zu beantworten ist die Frage, inwieweit sich der Föhn auch in den
Tälern durchsetzt. Bisher reichte es - gemessen - auf deutscher Seite "nur" zu
Windstärke 7 Bft in Mittenwald, gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden,
dass nicht heute auch mal zumindest eine "schwache Acht" in föhnanfälligen
Tälern auftritt. Ansonsten spielt der östliche Wind heute vor allem in den
Hochlagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge sowie an der Küste eine aus
warntechnischer Sicht eine Rolle. Nach Auswertung der jüngsten numerischen
Produkte kann man davon ausgehen, dass man im Wesentlichen mit Böen der Stärke 7
bis 8 Bft auskommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Küstenverlauf von
Nord- und Ostsee himmelsrichtungstechnisch unterschiedlich strukturiert ist, was
zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Windstärke hat. Vor allem dort, wo der
Fetch über das Wasser fehlt (z.B. weite Abschnitte MVs oder die nordfriesische
Küste), werden die Warnschwellen teilweise gar nicht oder nur mit Mühe erreicht.
Dagegen sollte man sich an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste (Angeln,
Wagrien) nicht wundern, wenn ab dem Nachmittag mal eine 9er-Böe registriert
wird.
Schwächer als erwartet fällt der Wind auch in Sachsen aus, wo gestern noch Böen
bis 10 Bft auf dem Erzgebirgskamm simuliert wurden. So heftig wird es sehr
wahrscheinlich nicht, was u.a. auch daran liegen könnte, dass die Inversion
etwas zu niedrig (siehe z.B. AMDAR-Profil von Dresden) liegt. Allerdings sind
solche Inversionen nicht ganz starr, sondern können leicht oszillieren, so dass
höhere Windgeschwindigkeiten als Stärke 8 Bft nicht zu 100% ausgeschlossen
werden können. Noch ein Satz zum Böhmischen Wind: Er wird wohl auch nicht so
richtig in Fahrt kommen, weil es zum einen an der nötigen Kaltluft im Böhmischen
Becken mangelt und zum anderen dort kein vernünftiger Luftdrucküberschuss
erzeugt wird.
Noch zum Wetter, das sich heute unterschiedlich bewölkt aber weitgehend trocken
zeigt. Besonders im Norden und in der Mitte hält sich tagsüber gebietsweise noch
tiefe Bewölkung (in einigen Mittelgebirgen aufliegend => Nebel), während diese
sonst weitgehend getilgt wurde und durch unterschiedliche dichte respektive
transparente hohe und mittelhohe Bewölkung abgelöst wurde. Mit Ausnahme des
Nordens und Ostens steigt die Temperatur auf 12 bis 17°C, im Süden lokal etwas
darüber, an den Alpen bei Föhndurchbruch sogar um oder über 20°C.

In der Nacht zum Samstag weitet sich die gradientschwache Zone aus dem W und SW
langsam weiter nordostwärts aus. Der Föhn, der zum Abend hin bzw. in der ersten
Nachthälfte seinen Höhepunkt erlebt, fällt von Westen her zusammen. Gleichwohl
reicht es auf den Gipfeln bis zum Morgen noch für Sturmböen. In den zentralen
und östlichen Mittelgebirgen wird der Wind ebenfalls schwächer, während an der
Küste nach wie vor ein lebhafter östlicher Wind mit Böen 7-8 Bft unterwegs ist.

Ansonsten sei noch erwähnt, dass sich von Westen her ein Randtrog nähert, auf
dessen Vorderseite etwas Regen in den westlichen und südlichen Landesteilen
generiert wird.

Samstag... überquert der Randtrog den Vorhersageraum ostwärts, wobei der
nördliche Teil nach NO schwenkt, während sich der südliche Part süd-südostwärts
ausweitet. Im Bodendruckfeld lässt sich eine schwache Kaltfront detektieren, die
eher gemächlich über unser Land ostwärts zieht. Rückseitig sickert
niedertroposphärisch zwar wieder kühlere Luft ein, eine wirkliche Abkühlung im
2m-Niveau ist aber nicht zu erwarten. Im Gegenteil, mit Winddrehung auf Süden
bis Südwesten wird es hier und da sogar etwas milder, mit Ausnahme des N und NO,
wo weiterhin nur 8 bis 13°C erreicht werden, steigt die Temperatur auf 14 bis
vereinzelt 20°C.
Warntechnisch befinden wir uns zumindest tagsüber auf absteigendem Aste, will
heißen, bis auf Wind an der Küste (weiterhin aus Osten) mit Böen 7 Bft, anfangs
exponiert 8 Bft treten keine signifikanten Wettererscheinungen auf. Im Laufe des
Tages wird auch dieser Wind von Westen her schwächer, so dass gegen Abend nur
noch um Rügen herum einzelne 7er-Böen auftreten dürften.
Noch zum Wetter, das vor allem im Norden reichlich Gewölk und zeitweilige
Regenfälle bietet. Aber auch sonst überwiegt starke Bewölkung, den meisten
Sonnenschein gibt es wahrscheinlich im W und SW auf der Rückseite der Kaltfront.


In der Nacht zum Sonntag steigt der Luftdruck an und es bildet sich ein kleines
Zwischenhoch, das von einem schmalen Höhenrücken gestützt wird. Letzte
Regentropfen im NO ziehen alsbald ab und die Wolkendecke lockert vielerorts auf,
was mit Ausnahme NW-Deutschlands gebietsweise Nebel zur Folge hat.

Sonntag... bleibt der Hochdruckeinfluss erhalten, was deutschlandweit einen
trockenen Tag bedeutet. Im NO hält sich noch längere Zeit tiefe, teils
hochnebelartige Bewölkung, so dass dort die Erwartungen in Richtung "Sonne"
nicht allzu hoch sein sollten. Da sieht es im großen Rest der Republik schon
besser aus, auch wenn freilich nicht überall "sky-clear-conditions" zu
verzeichnen sein werden. Teilweise sorgen mehr oder weniger dichte hohe oder
mittelhohe Wolken für unterschiedliche Einstrahlungsverhältnisse, mal dauert es
z.T. bis Mittag oder sogar noch darüber hinaus, bis sich Nebel oder Hochnebel
aufgelöst haben. Besonders in einigen Flusstälern Süddeutschlands könnte das der
Fall sein. Die Temperatur erreicht landesweit 14 bis 19°C, im Westen und Süden
punktuell vielleicht 20°C. Nur im äußersten NO sowie bei zähem Nebel bleibt es
mit 8 bis 13°C frischer.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder werden von den externen Modellen sehr ähnlich simuliert. Sonst
ist eigentlich alles gesagt.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann