DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-10-2016 09:00
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.10.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von HNFZ (Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal) hin zu SEz (Südost
zyklonal).

Auffrischender östlicher Wind, vor allem an der See und im Bergland, in den
Alpen aufkommender Föhn, dabei am Freitag Orkanböen auf den Gipfeln.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... beginnt die Großwetterlage sich ganz allmählich umzustellen. Zwar
bleibt uns PETER der Große - so heißt das mächtige Hoch über Nordeuropa - noch
einige Tage auf der Wetterkarte erhalten, allerdings verschieben sich die
Potenzial- und Luftdruckschwerpunkte derart, dass aus einer weitgehend zonal
orientierten Ausgangslage ein zunehmend meridionales Muster entsteht.
Im Einzelnen sieht das heute so aus, dass sich ein dipolartiger Höhentiefkomplex
über England und der Iberischen Halbinsel im Tagesverlauf mehr und mehr
aufsteilt, bevor er zum Abend hin Fühlung zu einem weiteren, sich vom Seegebiet
südöstlich Grönlands nähernden Trog aufnimmt. Unter dem Strich steht am Ende des
Tages ein langwelliger Trogkomplex mit mehreren Drehzentren über W- und
SW-Europa sowie dem nahen Ostatlantik. Ein weiteres Höhentief befindet sich
aktuell im Grenzbereich von Rumänien zur Ukraine. Es zieht heute ostwärts in
Richtung Ostukraine, was rückseitig Potenzialanstieg zur Folge hat. Dieser macht
sich in der Form bemerkbar, dass das bis dato mit seiner Längsachse weitgehend
zonal angeordnete Höhenhoch über Nordeuropa beginnt zu "kippen, d.h. die Achse
beginnt südwestwärts zu schwenken. Somit bekommt das Hoch eine zunehmend
meridionale Ausrichtung mit einem ausgeprägten Keil Richtung Polen, wo dieser
Kontakt zu einem vom zentralen Mittelmeer langsam ostwärts wandernden
Höhenrücken aufnimmt.
Klingt komplex und kompliziert, ist es aber eigentlich nicht. Für unseren Raum
muss man sich eigentlich nur merken, dass die Strömung in großen Teilen der
Troposphäre eine mehr oder weniger ausgeprägte Komponente bekommt, mit der
gesamttroposphärisch WLA einsetzt. Einzig in der untersten Troposphäre bis
hinunter ins bodennahe Niveau bleibt uns die östliche Strömung erhalten, was an
der Quasistationarität des Bodenhochs liegt, während das als Konterpart
fungierende Tief über SW-Europa sukzessive dichter an den Vorhersageraum
heranrückt.
Bereits aktuell hat leichter Druckfall eingesetzt, der für eine allmähliche
Gradientverschärfung sorgt. Entsprechend lebt der östliche Wind im Laufe des
Tages auf, was aufgrund der stabilisierenden WLA (die 850-hPa-Temperatur steigt
von SW her an bis auf nahe 10°C am Alpenrand heute 24 UTC) zunächst bevorzugt in
höheren Lagen sowie auf und unmittelbar an der See zu spüren ist. Dort werden
bereits am Vormittag die ersten Böen der Stärke 7-8 Bft erreicht, Tendenz am
Nachmittag noch etwas zunehmend (ostexponierte Küstenabschnitte sowie einige
Gipfellagen 9 Bft). Dann sind auch in exponiert tiefer liegenden Arealen (z.B.
im Saarland) Böen 7 Bft zu erwarten. In und an den Alpen stellt sich eine
Föhnlage ein.
Wettertechnisch gestaltet sich der Tag derart, dass im Süden und Westen nach
z.T. etwas schleppender Auflösung von Nebel oder Hochnebel häufig die Sonne
scheint. Allerdings ziehen alsbald von Frankreich und der Schweiz her
WLA-getriggerte hohe, bedingt auch mittelhohe Wolken ins Land, die die Sonne
mehr oder weniger trüben. Zum Abend hin sind im Bereich Dreiländereck D-CH-F
sogar ein paar Tropfen Regen möglich. Regnen respektive nieseln tut es zunächst
auch noch in Teilen Ost- und Mitteldeutschlands, was besonders in O-NO-Staulagen
der Mittelgebirge auch noch etwas länger dauern kann, während sonst die Tendenz
in Richtung "nachlassend" geht. Die Bewölkung (tief) bleibt aber weitgehend
geschlossen, erst Richtung Küste und küstennahes Binnenland nimmt die
Wahrscheinlichkeit für Auflockerungen zu. Die Temperatur erreicht im Osten
Höchstwerte von 7 bis 10°C, sonst 9 bis 13°C.

In der Nacht zum Freitag ändert sich an der GWL nicht allzu viel. Die Windlage
im Bergland und an der Küste bleibt bestehen, wobei es insbesondere im Bergland
noch einen kleinen Zuschlag gibt. Auch der Föhn legt noch etwas zu, was auf
einigen Gipfeln schwere Sturmböen 10 Bft zur Folge hat und in föhnanfälligen
Tälern Böen 7 Bft. Nebel und Frost sind zwar nicht das ganz große Thema,
gleichwohl können sich besonders in windschwachen Gebieten Süddeutschlands
einige Nebelfelder bilden.

Freitag... befindet sich Deutschland zwischen dem Trogkomplex im Westen und dem
mittlerweile von Griechenland bis zur Norwegischen See reichenden Höhenrücken
unter einer südlichen Höhenströmung, unter der die landesweite WLA andauert. Im
Bodendruckfeld thront nach wie vor Hoch PETER über Nordeuropa, während das
mehrkernige südwesteuropäische Tief über Frankreich und das westliche Mittelmeer
langsam ostwärts zieht.
Für Deutschland bedeutet das, dass der Gradient von SW her beginnt aufzufächern,
was aber zunächst nur im W und SW zu einer Windabnahme führt. Im N und O
hingegen forciert sich der Gradient sogar noch etwas und auch der Föhn in den
Alpen gewinnt noch etwas an Stärke. Dort sind auf den Gipfeln Orkanböen 11-12
Bft möglich und bei Durchbruch in die Täler weiterhin Böen 7-8 Bft. An der Küste
und in exponierten Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge stehen weiterhin
Sturmböen 8-9 Bft, auf dem Fichtelberg im Erzgebirge vielleicht sogar eine 10
Bft auf dem Zettel, während im nord- und ostdeutschen Tiefland 7er-Böen wohl
doch eher die Ausnahme darstellen. Im südlichen Sachsen setzt sich allerdings
ein Stück weit der Böhmische Wind durch mit 7er-Böen, an etwas höher gelegenen
Stellen vereinzelt auch 8 Bft.
Hinsichtlich der Bewölkungsentwicklung lässt sich festhalten, dass sich tiefe
Wolken mehr und mehr auflösen. Am längsten halten sich ST/SC-Wolken noch in
einem schmalen, etwa von Ostfriesland bis ins südliche BB bzw. ins östliche
Sachsen reichenden Streifen. Ansonsten bestimmen hohe und mittelhohe Wolken das
Geschehen, wobei schwer vorherzusagen ist, wie dicht diese Wolken jeweils sind
und wie stark sie folglich die Sonne abschirmen, Der Grad der Einstrahlung färbt
natürlich auch auf die Tagesentwicklung der Temperatur ab. Die Weichen für einen
deutlichen Temperatursprung nach oben jedenfalls sind niedertroposphärisch
gestellt. Bis zum Abend steigt die 850-hPa-Temperatur auf rund 15°C in der
Südhälfte und 7 bis 13°C sonst. Lediglich der äußerste N und NO kommen mit 5/6°C
noch nicht so richtig aus dem "Quark". MOS-Mix reagiert darauf mit
Tageshöchsttemperaturen von 10 bis 15°C in der Nordhälfte und 13 bis 18°C sonst.
Interessant wird es unmittelbar am Alpenrand, wo von der Statistik lokal bis zu
24°C!! angeboten werden, was im Falle des Föhndurchbruchs und entsprechender
Einstrahlung durchaus möglich erscheint. Allerdings könnten die Temperaturen
auch um einige Grad tiefer ausfallen, wenn nämlich die hohen Wolken zu kompakt
ausfallen oder sich der Dimmerföhn durchsetzt, was von einigen Modellen ja
dadurch angezeigt wird, dass im äußersten Süden und Südwesten etwas Niederschlag
fallen soll. Hier sind also noch nicht alle Fragezeichen getilgt.

In der Nacht zum Samstag breitet sich das gradientschwache Druckfeld langsam
nordostwärts aus. Zuvor erreicht der Föhn in der ersten Nachthälfte
offensichtlich sein Maximum (bis 12er-Böen auf den Gipfeln und vereinzelt
9er-Böen in exponierten Tälern), bevor er sich von Westen her abschwächt (von
einem klassischen Zusammenbruch kann mangels Kaltfrontpassage nicht gesprochen
werden). Windig bis stürmisch bleibt es zunächst auch noch an der Küste sowie in
den Hochlagen der östlichen und südöstlichen Mittelgebirge.
Im Süden und in der Mitte bilden sich zwar einige Nebelfelder, die
Gegenstrahlung der hohen und teils auch mittelhohen Bewölkung sowie die vielfach
auch abgetrocknete Luftmasse dürften aber eine überregionale Nebellage
verhindern. Nach Westen hin fällt vorderseitig eines sich von Frankreich und
Benelux nähernden Troges etwas Regen.

Samstag... greift besagter Höhentrog auf Deutschland über, während in Bodennähe
der gradientschwache Bereich in Form einer breiten Tiefdruckrinne weiter Boden
nach Osten und Nordosten gutmacht. Damit schwächt sich auch der Wind weiter ab,
am längsten bleibt er noch an der Ostsee und dort in Vorpommern unterwegs, wo
wahrscheinlich bis in die Abendstunden eine kleine Windwarnung fällig sein wird.

Ansonsten findet man in der Tiefdruckrinne ein Frontensystem, dessen leicht
wellende Kaltfront langsam ostwärts vorankommt. Dabei fällt besonders im N und S
gebietsweise etwas Regen, während die Modelle die mittleren Landesteile nur mit
wenigen Tropfen versehen oder sogar gänzlich trocken lassen. Dabei lockert die
Wolkendecke hin und wieder sogar etwas auf. Zwar verlagert sich die Achse der
niedertroposphärisch wärmsten Luft langsam ostwärts, wirkliche Kaltluft kommt
aber nicht hinterher. So steigt die 2m-Temperatur in weiten Teilen des Landes
auf 13 bis 19°C, im Süden lokal um 20°C. Nur Teile N- und NO-Deutschlands hinken
bei teils regnerischem Wetter mit 9 bis 12°C etwas oder auch etwas mehr
hinterher.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Umstellung der GWL mit integrierter Föhnlage wird auch von den externen
Modellen simuliert. Unsicherheiten oder Unschärfen, die nicht zwingend nur aus
dem Modellvergleich heraus resultieren, wurden im Text weitgehend angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann