Thema des Tages

09-10-2016 14:40

Sind Sie schon Wetterpate?

Bereits während des Zweiten Weltkrieges begann der amerikanische
Wetterdienst Taifune, also tropische Wirbelstürme im Pazifik, mit
weiblichen Vornamen in alphabetischer Reihenfolge zu benennen. Dies
sorgte für einen besseren Überblick über die aktuelle Wetterlage,
besonders beim gleichzeitigen Auftreten mehrerer Taifune waren die
individuellen Bezeichnungen von Vorteil für die Kommunikation.
Folglich übertrug man diese "Taufe" auch recht bald auf Hurrikane
(Bezeichnung für tropische Wirbelstürme im Atlantik). Seit 1979
wechselt das Geschlecht der Vornamen ganz im Sinne der
Gleichberechtigung von Wirbelsturm zu Wirbelsturm.

In Deutschland dauerte es noch bis zum Jahr 1954, als die damalige
Studentin Karla Wege im Institut für Meteorologie an der Freien
Universität in Berlin vorschlug, Druckgebilde zu benennen, die das
Wetter in Mitteleuropa beeinflussen. Dabei wurden Hochdruckgebiete
zunächst mit männlichen Vornamen versehen, Tiefdruckgebiete erhielten
weibliche. Allerdings hielt sich das mediale Interesse an der
Namensgebung über Jahrzehnte hinweg sehr in Grenzen, sodass die
Öffentlichkeit kaum etwas davon mitbekam. Erst die beiden
aufeinanderfolgenden Orkantiefs VIVIAN und WIEBKE weckten im Jahr
1990 das Interesse der Öffentlichkeit und sorgten wegen ihrer enormen
Schäden für Aufsehen in Deutschland und Umgebung.

In den darauffolgenden Jahren wurde die Kritik an der Verwendung von
weiblichen Vornamen für Tiefs jedoch immer lauter. Immerhin werden
Hochdruckgebiete meist mit ruhigem, wolkenarmem und beständigem
Wetter verbunden. Seit 1998 wechseln daher Hoch- und Tiefdruckgebiete
jährlich das "Geschlecht". In geraden Jahren tragen Hochdruckgebiete
männliche Vornamen, in ungeraden ist die Damenwelt für das "schöne"
Wetter zuständig. Tiefdruckgebiete werden dann mit einem Vornamen des
jeweils anderen Geschlechts bezeichnet. Dabei erfolgt die Vergabe
ebenfalls nach alphabetischer Reihenfolge von A bis Z, anschließend
startet ein weiterer Durchgang des Alphabets bis zum Ende des Jahres.


Im November 2002 wurde schließlich die Aktion "Wetterpate" geboren.
Hierbei kann die Patenschaft eines Hochs und Tiefs erworben werden,
hin und wieder wird eine solche auch auf eBay versteigert. Der Pate
kann dann das Druckgebilde mit dem entsprechenden Anfangsbuchstaben
selbst benennen. Zugelassen sind dabei allerdings nur standesamtlich
anerkannte Vornamen. Im Gegenzug erhält der Namenspate unter anderem
eine Wetterkarte und eine Dokumentation der Lebensgeschichte des
Druckgebildes. Der Erlös der "Taufe" wird übrigens seit dieser Zeit
zur Unterhaltung der studentischen Wetterbeobachtung an der Station
Berlin-Dahlem und zur Fortführung einer ununterbrochenen und über
hundert Jahre alten Beobachtungsreihe genutzt.

Die Kosten für eine Patenschaft schüttelt der Otto-Normalverbraucher
aber nicht gerade so aus dem Ärmel. In der Regel kostet eine
Patenschaft für ein Tief 199 Euro, für ein Hoch zahlt man satte 299
Euro. Der Aufpreis für ein Hochdruckgebiet ergibt sich aus der
Tatsache, dass diese meist deutlich länger auf den Wetterkarten zu
finden sind, als Tiefs. Im Durchschnitt leben ein Tief zwischen ein
und fünf Tagen, ein Hoch immerhin zwischen drei und sieben Tagen,
manchmal aber auch deutlich länger. Über ein Jahr gesehen sind die
Hochs zudem auch deutlich seltener (im Schnitt ca. 60 pro Jahr) als
die Tiefs (etwa 150 pro Jahr).

Auch europäische Nachbarn vergeben Namen, eine Patenschaft ist dort
jedoch nicht möglich. Erreicht ein Sturm beispielsweise die Grenze
Schwedens, bekommt dieser vom Meteorologischen und Hydrologischen
Institut Schwedens den Namen entsprechend der Liste für die
Namenstage des aktuellen Datums. In Norwegen legt man dagegen am
Meteorologischen Institut in Oslo bereits lange im Voraus die Namen
für die Sturmtiefs fest. Dabei werden die Tiefs ganz im Sinne der
geschlechtlichen Gleichberechtigung immer abwechselnd mit einem
männlichen und einem weiblichen Namen versehen.

Und wie geht es weiter mit den Hochs und Tiefs in Mitteleuropa?
Auch weiterhin sorgt Hoch PETER mit Schwerpunkt über Fennoskandien
für hohen Druck im hohen Norden. Tief ANDREA zieht derweil von der
Ukraine ganz gemächlich in Richtung Weißrussland und sorgt mit seinen
Ausläufern für wechselhaftes und teils auch regenreiches Herbstwetter
in weiten Teilen Deutschlands.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.10.2016