Thema des Tages

01-10-2016 14:40

Ein Tief macht die Welle

Ein Blick in die Wetterküche am heutigen Samstag zeigt ein
interessantes Phänomen, das uns in den nächsten Stunden vielerorts
Regen bringt. So findet sich auf der Bodenwetterkarte eine Welle,
genauer gesagt eine "wellende Kaltfront" (oder auch "frontale
Welle"). Sie sorgt gebietsweise für teils länger andauernden Regen,
der angesichts der zum Teil schon seit Wochen andauernden Trockenheit
von der Natur sicherlich höchst Willkommen geheißen wird. Was aber
ist eine wellende Kaltfront?

Ausgangspunkt dabei ist eine bereits vorhandene "normale" Kaltfront
eines Tiefdruckgebietes. Im aktuellen Fall gehört diese zum Tief
WALPURGA, das sein Zentrum heute Morgen an der Nordspitze von
Norwegen hatte. Die Kaltfront erreichte Mitteleuropa und Deutschland
am Donnerstagabend von Nordwesten her und brachte neben einigen
dichten Wolken gebietsweise leichten Regen. Langsam zog die Kaltfront
in Richtung Südosten weiter, wobei hoher Luftdruck im Süden und
Südosten Europas die Wetteraktivität abschwächte.

Zudem nahm die wellende Kaltfront damit auch eine zur südwestlichen
Höhenströmung über Mitteleuropa parallele Lage an. Die sogenannte
frontensenkrechte Komponente (die zur Front senkrechte Komponente der
Strömungsgeschwindigkeit) wurde folglich immer weiter verringert,
womit die Verlagerungsgeschwindigkeit der Kaltfront bald gegen Null
ging und sie mehr oder weniger quasistationär (die Front bewegt sich
kaum noch) wurde.

Kommt es nun zu einer Deformation des zur Front parallel verlaufenden
Druckfeldes, beginnt die Front zu wellen. Ursache für die Verwellung
kann zum Beispiel die Orografie sein, häufig aber sind Höhentröge
(tiefer Druck in der Höhe) dafür verantwortlich. So auch im aktuellen
Fall, wo über den Britischen Inseln in der Höhe ein Tief zu finden
ist. Auf der Vorderseite dieses Höhentiefs setzte am Boden über
Frankreich Druckfall ein, sodass das Druckfeld dort modifiziert wurde
und sich ein Bereich tiefen Drucks an der Kaltfront ausbildete. Das
sich bildende Tief selber bekam den Namen XUN (siehe dazu die
Bodendruckanalysen von Freitag und Samstag unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/10/1.html).

Im Bereich des tieferen Drucks aber dreht die Strömung. So wird aus
einem Teil der Kaltfront, der im Punkt des tiefsten Drucks beginnt
und im Punkt des nächstgelegenen höchsten Drucks wieder endet, eine
Warmfront und die Welle ist entstanden. Neben Kaltfrontwellen gibt es
auch Warmfrontwellen, dabei wird ein Teil der Warmfront zur
Kaltfront.

Charakteristisch für Wellen sind länger andauernde Niederschläge, die
in einem recht eng begrenzten Streifen entlang der wellenden Front
auftreten. Der meiste Regen fällt im Wellenbereich vor dem
Wellenscheitel bzw. dem Bereich des tiefsten Luftdrucks, wobei das
neue entstandene Tief mit der vorhandenen Strömung weiterzieht.

So erreicht das über Frankreich entstandene Wellentief mit der
südwestlichen Strömung am heutigen Samstag Deutschland und bringt
hierzulande gebietsweise Regen. Die höchsten Regenmengen werden vom
Saarland und Rheinland-Pfalz bis ins westliche Thüringen erwartet,
dort fallen 10 bis 15 Liter Regen pro Quadratmeter. Im Saarland und
in der Pfalz können lokal 15 bis 25 Liter pro Quadratmeter vom Himmel
herunter kommen.

Am Sonntag zieht die Welle nach Osten ab und der Luftdruck beginnt
bei uns allmählich wieder zu steigen. Wer jetzt jedoch darauf hofft,
noch ein paar spätsommerlich-warme Tage erleben zu können, wird
enttäuscht werden. Einerseits treten bis Dienstag noch Schauer und
kurze Gewitter auf, andererseits dreht der Wind mit dem über
Skandinavien liegenden Hoch langsam auf Nordost und verhältnismäßig
kühle Luft wird zu uns geführt. Zwar gibt es zur Wochenmitte hin auch
einigen Sonnenschein, mit mehr als 10 bis 18 Grad ist aber dennoch
kaum zu rechnen. Nachts gehen die Temperaturen bald sogar auf
niedrige einstellige Werte zurück, örtlich könnte es dann Frost und
gebietsweise Bodenfrost geben.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.10.2016