DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-09-2016 21:00
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.09.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht und am Freitag im Norden einzelne Gewitter möglich, markante
Begleiterscheinungen aber eher unwahrscheinlich. Ansonsten ruhiges
Altweibersommerwetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland nach wie vor im Einflussbereich eines nur noch
schmalen, aber robusten Höhenrückens, der sich vom Löwengolf über Süd- und
Ostdeutschland bis nach Skandinavien erstreckt und dessen Achse sich im Laufe
der Nacht allmählich Richtung Polen verlagert. Ein aus dem umfangreichen
Höhentrog über dem Nordatlantik herauslaufender kurzwelliger Randtrog erreicht
aktuell die Nordsee. Im Laufe der Nacht überläuft der immer schwächer werdende
Kurzwellentrog den ebenfalls an Kontur verlierenden vorgelagerten Höhenrücken
und ist Freitagfrüh lediglich noch als zyklonale "Ausbuchtung" über dem
Nordosten und der Mitte Deutschlands erkennbar. Die Hebungsvorgänge im
Trogbereich bzw. knapp vorderseitig davon halten sich in Grenzen und beschränken
sich weitgehend auf die mittleren Troposphärenschichten. Ein weiterer
Kurzwellentrog erreicht in den Frühstunden die mittlere Nordsee.
Im Bodenfeld zieht eine mit dem Trog korrespondierende schwache und kaum
wetteraktive Kaltfront von den Britischen Inseln zur Nordsee und kommt dann
zunächst kaum weiter nach Osten voran. Erst mit dem nachfolgenden Trog wird sie
etwas regeneriert und erreicht in den Frühstunden die Deutsche Bucht. Die
schwache präfrontale Hebung führt - zusammen mit der diabatischen Erwärmung der
Grundschicht durch das für die Jahreszeit noch ungewöhnlich warme Nordseewasser
- zu einer leichten Labilisierung der Luftmasse. Die Folge sind einzelne Schauer
und Gewitter, die im Laufe der zweiten Nachthälfte auch die deutschen
Küstengebiete erfassen können. Bei einer ML-Cape zwischen 100 und 400 J/kg (WRF
4 km bis 500 J/kg) und PPW-Werten von über 20 mm sind markante Entwicklungen
bzgl. Starkregens zwar nicht ausgeschlossen, erscheinen aber dennoch eher
unwahrscheinlich.
Im großen Rest des Landes verstärkt sich indes sogar der Hochdruckeinfluss noch
etwas. Somit verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig, wobei sich hohe und
mittelhohe Wolkenfelder recht weit nach Süden ausweiten und die Nebelbildung
einschränken. MOS zeigt noch recht hohe Wahrscheinlichkeiten dafür in
Süddeutschland, etwa entlang und südlich der Donau, leicht erhöhte aber auch im
Nordwesten, wo die Wolken zwischen erstem "Hebungsschub" und Kaltfront
vorübergehend stärker auflockern können.

Freitag ... verlagert sich der erste, nur sehr schwach konturierte
Kurzwellentrog über die Mitte und den Südosten Deutschlands hinweg südostwärts.
Der von ihm ausgehende Hebungsimpuls ist sehr gering, dessen Wetterwirksamkeit
dürfte sich auf stärkere Quellbewölkung beschränken, die sich im Tagesverlauf
über den östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen bzw. an den Alpen
ausbilden. Für Schauer dürfte es kaum reichen, GFS und ECMWF simulieren an den
Alpen geringe Niederschläge, ICON du COSMO-EU lassen es trocken.
Der zweite Kurzwellentrog zieht von der mittleren Nordsee zur Haltenbank. Die
mit ihm korrespondierende Kaltfront zieht über Norddeutschland hinweg ostwärts.
Vor allem präfrontal können sich einzelne Schauer entwickeln, bei einer ML-Cape
von 100 bis 200 J/kg und PPW-Werten um 20 mm sind vor allem an den Küsten und in
der Norddeutschen Tiefebene einzelne kurze Gewitter nicht ausgeschlossen.
Insgesamt sollen die Schauer in etwa bis in die westlichen Mittelgebirge bzw.
bis nach Brandenburg vorankommen (GFS, ECMWF), lediglich ICON-Nest simuliert
abseits der Nordseeküste so gut wie keine Niederschläge, COSMO_EU allerdings
auch nur sehr wenige.
Rückseitig des südostwärts abziehenden Troges regeneriert sich der Höhenrücken
und wölbt sich über der Nordsee allmählich nach Norden auf. Im Bodenfeld führt
dies ebenfalls zu Druckanstieg, vor allem im Süden, wo sich eine eigenständige
Hochdruckparzelle über dem Alpenraum ausbildet, und postfrontal im
Westen/Nordwesten. Dort lockern die Wolken hinter der Kaltfront wohl recht rasch
wieder auf.
Ansonsten dominiert in der Mitte und vor allem im Süden nach wie vor ruhiges
Wetter ohne warnwürdige Ereignisse. Dabei wechseln sich Sonne und - an den Alpen
auch vermehrt - Quellwolken ab. Die meisten Sonnenstunden dürfte es im Südwesten
geben. Die Höchstwerte liegen zwischen 17 und 22, vielleicht 23 Grad.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhenrücken allmählich nach Mitteleuropa
voran und verstärkt sich weiter, was markanter WLA auf der Vorderseite eines
kräftigen langwelligen Höhentroges über dem Nordostatlantik geschuldet ist.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt in etwa nach Nordostösterreich und
kann sich ebenfalls etwas kräftigen. Die Kaltfront über dem Nordosten des Landes
schwenkt weiter nach Polen.
Vor allem an der vorpommerschen Ostseeküste sowie entlang von Oder und Neiße
kann es anfangs noch einzelne Schauer geben. Während es im Norden und Osten eher
bewölkt bleibt, klart der Himmel sonst häufig auf. Somit steigt die
Wahrscheinlichkeit für Nebel vor allem im Süden und Westen wieder an, die
höchsten Wahrscheinlichkeiten zeigt MOSMIX erneut entlang und südlich der Donau.
Zudem kann es auch wieder stärker auskühlen, so dass in ungünstigen Lagen in der
Mitte und im Süden Deutschlands auch leichter Bodenfrost nicht ausgeschlossen
ist.

Samstag ... verläuft die Achse des sich aufgrund von WLA sogar noch etwas
verstärkenden Höhenrückens über Deutschland hinweg nach Norden, bis etwa zu den
Lofoten. Das Bodenhoch verlagert sich allmählich nach Südosteuropa. Somit dreht
die Strömung niedertroposphärisch aus Süd bis Südwest, womit zunehmend warme
Luft subtropischen Ursprungs zunächst vor allem in den Westen und Süden
advehiert werden kann. Die Temperatur steigt in 850 hPa bis zum Abend auf Werte
zwischen 12, vielleicht auch 13 Grad im Südwesten und 6 Grad an der
vorpommerschen Ostseeküste.
In der Osthälfte bilden sich unterhalb der recht markanten Absinkinversion in
etwa 800 bis 850 hPa nochmals Quellwolken, die sich an der Sperrschicht
horizontal ausbreiten können und die Einstrahlung ein wenig dämpfen. Über den
Norden und Nordwesten ziehen zeitweise hohe und mittelhohe Wolkenfelder, die der
WLA geschuldet sind. Ansonsten scheint aber bei nur wenigen flachen Quellwolken
verbreitet die Sonne. Gebietsweise kann sich aber schon für längere Zeit Nebel
oder Hochnebel halten, am ehesten im Donauraum. Es wird allmählich etwas wärmer,
die Höchstwerte liegen zwischen 18 Grad im Nordosten bzw. im Bergland und 25
Grad in den wärmebegünstigten Regionen entlang des Oberrheins. Bei längerem
Nebel bleibt es entsprechend kühler.

In der Nacht zum Sonntag bildet sich in 500 und 300 hPa vorübergehend sogar ein
eigenständiges Höhenhoch mit Schwerpunkt in etwa über Südwestdeutschland, wobei
sich der Rücken nach wie vor über Norwegen hinweg nordwärts bis etwa zu den
Lofoten erstreckt. Weiter westlich greift, ausgehend vom Höhentrog über dem
nahen Ostatlantik, ein Randtrog allmählich auf die Britischen Inseln über, wobei
die Nordsee und in der Früh auch der äußerste Nordwesten Deutschlands auf dessen
Vorderseite geraten.
Im Bodenfeld setzt somit mit Annäherung der Kaltfront eines Tiefs südlich von
Island, die morgens die Nordsee erreicht, von Westen her Druckfall ein und im
Nordwesten verschärft sich der Druckgradient. Für warnwürdige Böen dürfte es
aber nicht reichen, allerdings schränkt das die Nebelwahrscheinlichkeit dort
ein. Zudem dämpfen noch hohe Wolkenfelder, die von Nordwesten her bis weit in
den Osten und die Mitte des Landes reichen, den Temperaturrückgang und die
Nebelbeildung. Somit dürften sich die dichtesten Nebelfelder erneut in der
Südhälfte ausbilden, leichter Bodenfrost ist dort vor allem in einigen
süddeutschen Mittelgebirgstälern ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Sonntag ... wandert der Höhenrücken mit seiner Achse unter Verkürzung der
Wellenlänge bei gleichzeitiger nordwärts gerichteter Amplitudenvergrößerung
etwas nach Osten. Der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik weitet sich
ebenfalls etwas nach Osten aus, der oben erwähnte Randtrog überquert die
Britischen Inseln nordostwärts und zieht Richtung Norwegische See.
Die Kaltfront des Bodentiefs bei Island überquert die Nordsee allmählich
ostwärts und erreicht am Abend Benelux und die Deutsche Bucht. Vorgelagert ist
eine flache Tiefdruckrinne, die am Nachmittag auf die Westhälfte übergreift.
Niederschläge konvektiver Art dürften sich aber auf das unmittelbare Vorfeld der
Kaltfront beschränken und erreichen wohl erst in den späteren Abendstunden den
äußersten Westen des Landes (ICON-EU und COSMO-EU simulieren bis 18 UTC noch
keine Niederschläge). Kurze Gewitter sind dabei nicht ausgeschlossen, die
simulierte ML-Cape beträgt wenige 100 J/kg.
Im Vorfeld der Kaltfront frischt der Wind ein wenig aus Süd bis Südost auf. Ob
es in den Kammlagen der westlichen Mittelgebirge oder im Nordseeumfeld für
warnwürdige Böen reicht, ist aber noch fraglich.
Im Westen und Nordwesten macht sich die Frontannäherung allmählich in Form hoher
und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar, ansonsten scheint aber verbreitet die
Sonne. Vor allem im Süden kann es aber wieder etwas länger dauern, bis sich der
Nebel aufgelöst hat. Die Advektion von Subtropikluft erreicht ihren Höhepunkt,
die Temperatur in 850 hPa steigt auf 9 bis 12 Grad, Entsprechend dürften sich
die Höchstwerte zwischen 18 und 25 Grad bewegen, punktuell im Lee einiger
Mittelgebirge vielleicht auch knapp darüber, bei längerem Nebel eher etwas
darunter.

In der Nacht zum Montag kommt die Kaltfront etwa bis in die mittleren
Landesteile voran, büßt aber mit Annäherung an den nach wie vor robusten
Höhenrücken, dessen Achse Montagfrüh etwa von Bayern über die Osthälfte
Deutschlands und die Ostsee bis nach Nordnorwegen verläuft, an Wetterwirksamkeit
ein. Somit dürfte es lediglich im Westen und Nordwesten für einzelne Schauer,
eventuell auch ein kurzes Gewitter reichen. Ansonsten verläuft die Nacht ruhig,
vor allem im Südosten Bayerns sowie vielleicht auch postfrontal im Westen kann
sich bei größeren Wolkenlücken Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Kurzfristbereich zeigen alle vorliegenden Modelle eine ähnliche
Wetterentwicklung. Prognose- und warnrelevante Unterschiede sind so gut wie
keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff