DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-09-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.09.2016 um 10.30 UTC



Mäßig warm und leicht wechselhaft. Nachts zunehmende Nebelneigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 27.09.2016


An der für Deutschland relativ ruhigen Wetterlage wird sich im Verlauf der
Mittelfrist vorerst wenig ändern. Interessant werden könnte der Tropensturm
KARL, der jedoch erst zum Ende der Mittelfrist ins europäische Wettergeschehen
einzugreifen scheint. Bis dahin zeigt ein Blick auf die obere Troposphäre, dass
sich im Verlauf der Mittelfrist eine Rossby-Welle mit aktueller meridionaler
Ausrichtung über Grönland im Verlauf der kommenden Tage retrograd in Richtung
Grönland-Neufundland verlagert. Einhergehend sollte sich somit auch die rege
Tiefdruckaktivität über dem Nord-/Nordostatlantik westwärts verschieben und das
Geopotential von den Azoren nordostwärts ansteigen. Die Folgen einer solchen
Entwicklung für Mitteleuropa sind vielfältig - von einem Azoren-Hochkeil mit
milden Temperaturen bis hin zu einer aktiven Westwindwetterlage ist alles dabei.
Für den Moment sollte mit Blick auf die großen Modellunsicherheiten für solch
einen Vorhersagezeitraum die Information genügen, dass sich zum Ende der
Mittelfrist das großräumige Strömungsmuster allmählich umstellen könnte. Doch
kommen wir nun zur eigentlichen Mittelfrist.

Am Freitag streift ein über die Nordsee nordostwärts ziehender Trog besonders
den Norden Deutschland, bevor sich dieser rasch in eine Welle öffnet /
abschwächt. Der Grund dafür ist rascher Geopotentialanstieg über weiten
Bereichen Mitteleuropas im Zuge eines sich nach Westeuropa aufwölbenden
Höhenrückens, wobei die Keilachse in der Nacht zum Samstag über Frankreich und
Benelux erwartet wird. Für Deutschland bedeutet diese Entwicklung, dass der
Norden in einer leicht zyklonal konturierten Strömung von einer sich
abschwächenden Kaltfront gestreift wird, die von West nach Ost Schauer und
vielleicht vereinzelt ein Gewitter bringen könnte. Im Vergleich zu gestern ist
jedoch die Gewittergefahr über Nordostdeutschland zurückgegangen, bedingt durch
eine deutlich inaktivere Frontpassage. In der Mitte und im Süden zeit sich
hingegen häufig die Sonne zwischen teils ausgedehnten Wolkenfeldern, südlich der
Donau ist es nach teils zäher Nebelauflösung gar sonnig und trocken. Einzig
entlang der Alpen kann ein Schauer oder ein kurzlebiges Gewitter nicht
ausgeschlossen werden.
Die Nacht zum Samstag verläuft dann überall wechselnd bewölkt, im Süden teils
auch klar und es bildet sich besonders in der Mitte und im Süden teils dichter
Nebel.

Im Verlauf des Samstags verschiebt sich die Keilachse weiter nach Osten und
erfasst auch Deutschland. Somit erwartet uns nach teils zäher Nebel- oder
Hochnebelauflösung ein freundlicher Tag. Im Norden ziehen immer wieder
ausgedehnte Wolkenfelder vorüber, im Süden scheint die Sonne teils von einem
wolkenlosen Himmel.
Auch die Nacht zum Sonntag verläuft bei meist klarem Himmel ruhig und trocken.
Besonders in der Mitte und im Süden kann sich Nebel bilden, vor allem entlang
der Donau auch recht verbreitet.

Am Sonntag ändert sich an diesem schönen Spätsommerwetter wenig, wobei sich die
Keilachse in der Höhe allmählich unter Abschwächung nach Osten verlagert und
abends im Grenzbereich zu Tschechien und Polen zu finden sein wird. Nach teils
zäher Nebelauflösung scheint recht verbreitet die Sonne und es ist trocken. Erst
im Verlauf des Nachmittags verdichtet sich die Bewölkung von Westen im Zuge
einer Frontannäherung, Niederschlag in Form einzelner Schauer beschränkt sich
jedoch auf den äußersten Nordwesten. Mit reichlich diabatischer Erwärmung und
kräftiger Warmluftadvektion wird dies besonders im Südwesten und Westen der
wärmste Tag der Mittelfrist.
Im Verlauf der Nacht zum Montag weitet sich ein Höhentrog über den Ärmelkanal
nach Frankreich aus und besonders über dem Südwesten Deutschlands wird die
Höhenströmung deutlich zyklonaler. Entsprechend wird hier eine langsam ostwärts
ziehende atlantische Front "aktiviert" und es muss im Westen und Südwesten mit
etwas Regen gerechnet werden, über dem Nordwesten und Norden treten nur einzelne
Schauer auf. Weiter östlich bleibt es trocken und erneut bildet sich teils
dichter Nebel.

Im Verlauf des Montags tropft der Höhentrog über dem westlichen Mittelmeer ab
und sorgt über Deutschland für eine sehr gradientschwache Höhenströmung. Die
Kaltfront kommt nur noch sehr zögernd nach Osten voran und sorgt besonders im
Süden für einen wolkenverhangenen Tag mit etwas Regen. Über der Mitte und dem
Norden wechselt sich etwas Sonnenschein mit dichten Wolkenfeldern ab und es
bleibt meist trocken.
Die Nacht zum Dienstag verläuft unter vorübergehend steigendem Luftdruck wieder
ruhig und trocken mit teils dichtem Nebel im Verlauf der zweiten Nachthälfte.

Zum Dienstag macht sich die eingangs beschriebene Entwicklung bemerkbar, da das
Geopotential westlich von Europa markant ansteigt und sich ein kräftiges
Hochdruckgebiet etabliert. An dessen Nordostflanke wird im Verlauf des Tages ein
scharfer Trog südostwärts in Richtung Nordsee geführt, wobei eine markante
Warmfront im Verlauf des Tages von Nordwest nach Südost auf Deutschland
übergreifen sollte. Kräftiger und anhaltender Regen wäre die Folge, der sich bis
zum Abend bis in den Süden von Deutschland ausbreiten würde. Da die exakte
Geometrie des Azorenhochs jedoch noch sehr unsicher ist, stehen hinter dieser
Entwicklung noch einige Fragezeichen.

Die Luftmasse kommt vorherrschend aus Südwest bis West, sodass die
Höchsttemperaturen meist um 20 Grad pendeln, am Sonntag etwas darüber (gar ist
nochmals ein Sommertag im Westen und Südwesten möglich) und nachts wird es mit
12 bis 6 Grad im Binnenland und um 13 Grad im Küstenbereich auch nicht
winterlich kalt. Erster lokaler Bodenfrost ist bei längerem Aufklaren dennoch
bereits nicht ausgeschlossen.

Der Wind spielt meist keine große Rolle, einzig auf den Ost- und Nordfriesischen
Inseln kann der Südwestwind zeitweise böig auffrischen und ab Dienstag auch
Sturmstärke erreichen, wobei dann auch auf den Kammlagen der Mittelgebirge
Sturmböen möglich wären.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Sonntag weisen die letzten Modellläufe von EZMW eine gute
Übereinstimmung hinsichtlich der großskaligen synoptischen Entwicklung auf.
Einzig die Trogpassage am Freitag wurde von Lauf zu Lauf schwächer gerechnet,
was besonders für Süddeutschland einen deutlich nachlassenden Wettereinfluss
bedeutet. Auch die gestern noch angedachten Gewitter über dem Nordosten und
Osten sind mit der schwächeren Modelllösung mittlerweile zwar nicht gänzlich
ausgeschlossen, jedoch deutlich unwahrscheinlicher geworden.

Große Diskrepanzen sind bei der Handhabung des Troges zu erkennen, der zum
Montag über Frankreich in Richtung westliches Mittelmeer abtropft. Der letzte
EZMW-Lauf (20.09.2016 00 UTC) wies bis jetzt die markanteste meridionale
Ausdehnung auf und war ebenfalls die erste Modellrechnung mit einem
Abtropfvorgang. Dieser Trend sorgte nicht nur für eine deutliche Verlangsamung
einer Frontverlagerung über Deutschland (knapp 400 km langsamer im Vergleich zum
vorletzten Modelllauf), sondern auch, dass sich der wettertechnisch aktivste
Bereich der Front über West- und Süddeutschland befinden wird, wo sich die
Höhenströmung entsprechend stärker zyklonal konturiert gestalten wird.
Entscheidend in den nächsten Läufen wird sein, ob dieser Abtropfprozess weiter
beibehalten wird und wie markant der nach Osten über Deutschland schwenkende
"Resttrog" sein wird, der die Front nach Osten lenkt. Entsprechend unsicher ist
noch die finale Wetteraktivität dieser Frontpassage.
Zum Dienstag werden die Unsicherheiten noch größer, wobei die letzten 3 Läufe
zwar eine markante Warmfront nach Mitteleuropa brachten, diese jedoch in jedem
Lauf woanders platziert wurde mit einer Gesamtdifferenz von 500 - 600 km. Somit
kann vor allem über das zeitliche Eintreffen der Front noch keine Aussage
getroffen werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Innerhalb der Globalmodelle wird bis einschließlich Sonntag eine sehr homogene
Verteilung der Druckfelder angeboten. Auch die Frontpassage am Montag wird im
Zuge der Trogentwicklung über Westeuropa recht einheitlich gesehen, auch wenn es
kleinere zeitliche Diskrepanzen gibt (GFS etwas langsamer als EZMW und ICON).
Hier nehmen jedoch die Unsicherheiten zum Dienstag markant zu, wo besonders die
Lage und Form des Azorenhochs sehr unterschiedlich gestaltet wird - dies
entscheidet, wie schnell und wetteraktiv eine nordatlantische Warmfront auf
Deutschland übergreifen wird. Über diesen Zeitraum können jedoch aus heutiger
Sicht noch keine verlässlichen Aussagen getroffen werden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Beim Blick auf die Cluster zeigt sich die zum Beginn erwähnte Änderung des
großräumigen Strömungsmusters, wobei das klimatologische Regime von anfänglich
"blockierend" zum Ende der Mittelfrist zunehmend in "positive NAO" wechselt.
Am Freitag werden einem zwei relativ gleichmäßig verteilte Cluster angeboten mit
dem Kontrolllauf im ersten und dem det. Lauf im zweiten Cluster. Beide zeigen
den sich nach Mitteleuropa aufwölbenden Keil.
In der Folge nimmt die Anzahl der Cluster deutlich auf 5 zu, wobei in allen
Clustern das Geopotential von den Azoren bis zur Biskaya zum Ende der
Mittelfrist zunimmt. Mit weiterhin vorherrschendem tiefem Luftdruck von Island
bis Grönland ist daher die zunehmende Einordnung in das klimatologische Regime
"positive NAO" zu erklären. Weiterhin ist über Deutschland ein Wechselspiel aus
schwachen Keilen und Trögen wetterwirksam, wobei es feine Unterschiede in der
Lage und Ausprägung gibt.

Bei den Meteogrammen - hier beispielhaft für Offenbach - zeigt sich die zunächst
sehr ruhige Wetterlage, wobei einzig am Freitag ein geringer Ausschlag für
Niederschlag im Zuge der Frontpassage zu erkennen ist - bereits deutlich
geringer als gestern und somit im Einklang mit den allgemeinen
Abschwächungstendenzen in den letzten Modellläufen. Erst zum Montag und vor
allem zum Dienstag deutet sich ein zunehmend wechselhafter Wetterabschnitt an.
Die Temperaturen bleiben konstant auf mäßig hohem Niveau mit einem Höhepunkt am
Sonntag, wo teils die 25-Grad Sommermarke angepeilt wird. Der Wind spielt bis
einschließlich Montag kein Thema und nimmt erst zum Dienstag auch im Binnenland
etwas zu.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Beim EFI zeigen sich zum Sonntag hin bei den Höchsttemperaturen geringfügig
positive Anomalien im Zuge von vorübergehend verstärkter Warmluftadvektion. Dann
können entlang des Oberrheins lokal die 25 Grad erreicht werden. Geringe
positive Anomalien sind zeitweise auch bei den Tiefstwerten über der Nordsee zu
erkennen, was ein Zusammenspiel aus anhaltender Warmluftadvektion aus Südwest,
häufig dichten Wolkenfeldern auch nachts und leicht positiven
Wassertemperaturanomalien der südlichen Nordsee sein dürfte.
Ansonsten sind bis zum Ende der Mittelfrist keine Anomalien resp. signifikante
Wettererscheinungen zu erkennen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy