DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-09-2016 09:00
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.09.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Sa (Süd antizyklonal)

Nahtlose Fortsetzung des Späthochsommers - heute vor allem über dem Bergland
lokale Gewitter möglich.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... Auch zu Beginn der neuen Woche setzt sich das sehr warme bis heiße und
meist trockene Späthochsommerwetter fort. Hauptimpulsgeber ist und bleibt ein
umfangreiches und in seiner Dynamik träges Höhenhoch über weiten Teilen des
westlichen europäischen Kontinents, dessen Schwerpunkt über Polen zu finden ist.
Als Konterpart fungiert ein veritabler Höhentrog über dem nahen Ostatlantik, der
sich schwertut, gegen den kontinentalen Potenzialblock anzukommen und
infolgedessen sein Heil in der Flucht nach Süden sucht (oder etwas
professioneller ausgedrückt, der Trog weitet sich nach Süden aus).
Wie auch immer, schaut man sich die Bodendruckverteilung an, dann fällt auf,
dass das korrespondierende Hoch gar nicht mal so monumental ausfällt. Der
höchste Druck liegt dicht bei 1020 hPa, wobei sich ein eindeutiges Maximum nur
schwerlich ausmachen lässt. Vielmehr ist es sogar so, dass durch den Tagesgang
der Luftdruck etwas fällt, was das digitale Zeichnen der 1020-hPa-Isobare in den
Analysen zu einer echten Herausforderung macht und möglicherweise auf einen Sack
voll kleiner "1020-hPa-Eier" auf der Bodenwetterkarte hinausläuft. Fakt ist
aber, dass wir leicht westlich des höchsten Luftdrucks in einer schwachen
südlichen bis südöstlichen Grundströmung liegen, mit der sehr warme bis heiße
und meist trockene Luftmassen advehiert werden. Am Tagesende liegt die
850-hPa-Temperatur zwischen 14°C an der Grenze zu Dänemark und knapp 18°C im
äußersten Süden - sieht man auch nicht alle Tage an einem 12. September. In
Zusammenarbeit mit der in weiten Teilen des Landes ungestörten Einstrahlung bei
gleichzeitig relativ hohen Startwerten steigt die Temperatur verbreitet auf 30°C
oder sogar darüber (Spitzen bei 33°C). Einzig an der See, im unmittelbar
angrenzenden Binnenland, im höheren Bergland sowie gebietsweise südlich der
Donau wird es mit 24 bis 29°C nicht ganz so heiß.
Zwar ist die Luftmasse bevorzugt im Süden und Westen sowie in Teilen der Mitte
potenziell instabil geschichtet mit ML-CAPE-Werten von gebietsweise 500-1000
J/kg (was angesichts etwas zu hoch simulierter Taupunkte etwas übertrieben
scheint), allerdings liegt auch eine gewisse Deckelung vor. Außerdem mangelt es
an den erforderlichen Antrieben. Von der strömungsmechanischen bzw. -dynamischen
Seite ist nichts zu erwarten, die Auslösetemperatur dürfte etwas zu hoch liegen.
Bleibt also einmal mehr die Orografie, sprich das Bergland übrig, das als
Impulsgeber konvektiver Umlagerungen herhalten muss - wenn denn die Kraft
ausreicht. Kurzum, insbesondere über dem südlichen Bergland (Schwarzwald, Alb,
Alpenrand, Bayerischer Wald), bedingt auch im west-südwestdeutschen
Mittelgebirgsraum, sind einzelne Gewitter am Nachmittag und Abend möglich. Bei
einem niederschlagbarem Wassergehalt von 20 bis 25 mm, lokal auch etwas darüber
und schwacher gesamttroposhärischer Strömung (ergo weitgehend stehende Zellen)
geht die Hauptgefahr von Starkregen (markant) aus, gefolgt von kleinkörnigem
Hagel.

In der Nacht zum Dienstag bleibt der antizyklonale Einfluss erhalten. Etwaige
Gewitterzellen fallen alsbald zusammen, insbesondere in den Flussniederungen
Süddeutschlands bildet sich stellenweise Nebel. Dazu gibt es Temperaturminima,
die bis auf ganz wenige Ausnahmen im zweistelligen Bereich, lokal sogar nahe
20°C liegen.

Dienstag... bleibt die hochreichende Antizyklone für Mitteleuropa das Maß der
Dinge. Der Schwerpunkt rückt geringfügig nach Norden, insgesamt nimmt der
gesamte Höhenrücken aber eine deutlich meridionalere Formation an. Am Abend
reicht seine Achse (ICON, 300 hPa) vom westlichen Mittelmeer über Ostdeutschland
und den Ostseeraum hinweg bis nach Spitzbergen bzw. etwas darüber hinaus, was
einem gewaltigen Ausmaß gleichkommt. Da zieht es besagter Höhentrog vor, trotz
leichter Progression in seinem Südteil im Bereich der westlichen Biscaya
abzutropfen. Das resultierende Cut-Off-Tief erreicht zum Tagesende den Norden
Spaniens.
Zurück nun aber zu unseren Gefilden, denen einmal mehr ein hochsommerlicher
Septembertag bevorsteht. Zwischen dem sich mit seinem Schwerpunkt nach
Nordeuropa verlagernden Hoch und einer sich Frankreich nähernden Tiefdruckrinne
nimmt der Gradient geringfügig zu, was bei uns zwar keinen großen Wind macht,
dafür aber noch etwas trockenere Luft einsickern lässt. Entsprechend nimmt die
potenzielle Instabilität ab respektive die Deckelung mit gegenüber heute höheren
CIN-Werten zu, was unter dem Strich die Gewitterneigung noch weiter sinken
lässt. Dafür steigt bei weitgehend störungsfreien Strahlungsverhältnissen die
Temperatur noch etwas an, wobei die von MOS-Mix für den Rhein-Neckar-Raum
apostrophierten 34°C nicht unrealistisch sind. Es ist davon auszugehen, dass
einige Rekorde für die zweite Septemberdekade purzeln werden bei verbreitet 30°C
und mehr. Lediglich im äußersten Norden, im höheren Bergland sowie gebietsweise
südliche der Donau sind etwas niedrigere Minima angesagt.

In der Nacht zum Mittwoch bildet sich wahrscheinlich nur lokal etwas Nebel und
das am ehesten in den Flussniederungen Süddeutschlands.

Mittwoch... zieht besagtes Cut-Off-Tief langsam über die Pyrenäen hinweg in
Richtung Balearen, wobei sich aber über SW-Frankreich ein zweiter Tiefkern
etabliert (ICON, 300 hPa). Die Höhenantizyklone bzw. der umfangreiche Rücken
bleiben von diesen Prozessen weitgehend unbeeindruckt, auch wenn sich das
gesamte Muster etwas nach Osten verschiebt. An der antizyklonalen Ausrichtung im
Vorhersageraum ändert das nichts oder anders ausgedrückt: es wird wieder sehr
warm bis heiß und der in vielen Regionen mittlerweile stark benötigte Regen
bleibt weiter aus.
Im Gegenteil, mit der etwas mehr auf Ost-Südost drehenden Strömung wird eher
noch etwas trockenere Kontinentalluft angesaugt, die die
Gewitterwahrscheinlichkeit auch im Bergland auf nahe null drückt, von anderen
Formen möglicher Niederschläge ganz zu schweigen. So bleibt einmal mehr die
Diskussion über die erwartete Tageshöchsttemperatur, die aufgrund geringfügig
sinkender 850-hPa-Temperaturen trotz erneut weitgehend ungehinderter
Einstrahlung minimal zurückgeht. Gleichwohl reicht es auch am Mittwoch wieder
verbreitet für rund 30°C oder etwas darüber. Dort, wo die 30°C-Marke nicht
geknackt wird (Teile N/NO- und S-Deutschlands), reicht es in der Regel aber
dicke für einen definierten Sommertag (>=25°C).
Ein Fragezeichen steht noch hinter der genauen Windentwicklung. Nach N und O hin
deutet sich eine leichte Gradientverschärfung an, so dass dort der O-SO-Wind mit
Unterstützung des Tagesgangs mitunter leicht böig auflebt. Ob es - wie von
COSMO-EU gezeigt - auf einigen Inseln (z.B. Fehmarn) und exponierten Höhenlagen
für Böen 7 Bft (Fichtelberg und Gr. Arber sogar 8 Bft) reicht, ist derzeit noch
unsicher.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Fortdauer der hochsommerlichen Witterung im Spätsommer ist unstrittig und
wird von keinem Modell negiert. Unterschiedlich sind die Ansichten über die
heutige Gewitter- und Niederschlagsentwicklung. Einige Modelle setzen etwas
stärkere Signale für Gewitter in den oben genannten Gebieten, andere geringere
oder gar keine. Recht merkwürdig muten die 6h-RR-Prognosen von ICON und
ICON-Nest für heute Vormittag an, die im Süden Schauer mit bis zu 5 mm rechnen,
was angesichts der geschilderten Rahmenbedingungen unrealistisch erscheint.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann